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ZÜRICH/Opernhaus: DIE LUSTIGE WITWE. Revue-Operette, die überzeugt!. Wiederaufnahme

08.03.2025 | Operette/Musical

Franz Lehár: Die lustige Witwe • Opernhaus Zürich • Wiederaufnahme: 04.03.2025

Revue-Operette, die überzeugt!

«Die lustige Witwe» in der Aufmachung als Revue-Operette vermag auch bei der Wiederaufnahme zu überzeugen. Die vier Hauptrollen sind neu besetzt.

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Foto © Monika Rittershaus

Barrie Kosky legt seine Zürcher Inszenierung als Erinnerung der reifen Hanna Glawari an. Über zwanzig Jahre nach einer ersten, leidenschaftlichen Affäre erinnert sie sich, wie sie, nach den für eine Operette obligaten Irrungen und Wirrungen, Graf Danilo Danilowitsch heiraten konnte. Hanna und Danilo stehen also mitten im Leben: beide haben schon intensiv gelebt und Abenteuer bestanden. Die Gefühle sind immer noch intensiv, aber nicht mehr so offensichtlich wie in jüngeren Jahren. In diesem Sinne legt Kosky das «Lustige» aus dem Titel als «vergnügt», «lebhaft» oder «ausgelassen» aus: der «Spass» (und dessen auf der Operettenbühne immanente Gefahr in Klamauk abzurutschen) fehlt wohltuenderweise. Das aber gefällt nicht allen, da es nicht den althergebrachten Sehgewohnheiten entspricht. Trotz des «rationalen» Konzepts gelingt es Kosky die Spannung von Anfang bis zum Ende aufrechtzuerhalten. Klaus Grünberg (Bühnenbild und Lichtgestaltung) hat für Kosky den «Zimtschneckenvorhang» (14 Meter lang auf einer entsprechend gebogenen, 42 Meter langen Schiene), der als Bühnenbild dient. Dieser Vorhang und die phantastische Lichtgestaltung Grünbergs sind der ideale Hintergrund für die Kostüme von Gianluca Falaschi, der aus dem Vollen geschöpft und für die Damen prächtige, an Farben und Stilsicherheit kaum zu überbietende Kostüme geschaffen hat. So wird die Tiefe, die man nach Kosky nicht spielen darf, für jeden spürbar. Kosky beweist einmal mehr nachdrücklich, wie falsch es ist, die Gattung Operette als oberflächlich anzusehen.

Michael Kraus, künstlerischer Leiter des Studios der Wiener Staatsoper, gibt mit geschmeidigem Bariton einen souveränen Baron Mirko Zeta. Anastasiya Taratorkina gibt eine herrlich quirlige Valencienne und überzeugt mit guter Bühnenpräsenz. Martin Gantner debütiert als Graf Danilo Danilowitsch. Die Stimme sitzt perfekt und er überzeugt mit perfekter Textverständlichkeit und -durchdringung. Die Darstellung gerät leider etwas statisch. Es fehlt die operettentypische Leichtigkeit. Vida Miknevičiūtė, 2005 bis 2007 Mitglied des Internationalen Opernstudios am Opernhaus Zürich, gibt die Hanna Glawari. Sie hat sich Koskys Regie-Konzept tadellos angeeignet. Andrew Owens kann Camille de Rosillon leider nur bedingt überzeugen: Die Stimme klingt arg klein und stark gepresst. Omer Kobiljak überzeugt als Vicomte Cascada mit sicherem Tenor und grosser Tanz‐Begabung. Barbara Grimm ist ein Njegus mit idealem Mass an Komik. Nathan Haller als Raoul de Saint‐Brioche, Valeriy Murga als Bogdanowitsch, Maria Stella Maurizi als Sylviane, Chao Deng als Kromow, Flavia Stricker als Olga, Brent Michael Smith als Pritschitsch und Liliana Nikiteanu als Praškowia ergänzen das vom Publikum begeistert gefeierte Ensemble. Die phantastischen Tänzer sind Steven Seale, Pietro Cono Genova, Natalia López Toledano, Sara Pennella, Alessio Urzetta, Sara Peña, Davide Pillera, Sina Friedli, Romy Neumann, Noa Joanna Ryff, Roberto Tallarigo und Dario Rigaglia.

Patrick Hahn, Dirigent der Premierenserie, jetzt eingesprungen für den erkrankten Ben Glassberg, und die Philharmonia Zürich unterstützen Koskys «rationale» Lesart mit klarem, intensivem Klang. In vielem erinnert er an den der von Lehár selbst eingespielten Klavierwalze mit einem Arrangement der Lustigen Witwe, der zu Beginn des Abends eingespielt, wenn sich Hanna an einem Flügel an das Wiedersehen mit Danilo erinnert. Ein besonderes Lob verdienen die solistischen Streicher: sie klingen wunderbar zart und süss, ohne schwer im Magen zu liegen.

Der Chor der Oper Zürich (Choreinstudierung: Ernst Raffelsberger) überzeugt mit sattem Wohlklang und grosser Spielfreude.

Revue-Operette, die überzeugt!

Weitere Aufführungen: So. 16. März 2025, 13.00; Fr. 21. März 2025, 19.00; Mi. 26. März 2025, 19.00.

08.03.2025, Jan Krobot/Zürich

 

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