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ZÜRICH/Opernhaus: DIE LUSTIGE WITWE . 10. Vorstellung. «Lippen schweigen, ’s flüstern Geigen: Hab’ mich lieb!»

11.03.2024 | Operette/Musical

Franz Lehár: Die lustige Witwe • Opernhaus Zürich • Vorstellung: 10.03.2024, abends

(10. Vorstellung • Premiere am 11.02.2024)

«Lippen schweigen, ’s flüstern Geigen: Hab’ mich lieb!»

Der aktuelle Spielplan des Opernhauses bietet im Moment die Möglichkeit zu vergleichen, wie zwei Regisseure versuchen die Operette ins 21. Jahrhundert zu bringen. Jan Philipp Gloger hat Kalmans «Die Csárdásfürstin» in Szene gesetzt, Barrie Kosky Lehárs «Die lustige Witwe».

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Foto © Monika Rittershaus

Die Stärke der Inszenierung von Barrie Kosky liegt in der «minimalistischen» Szene (Bühnenbild und Lichtgestaltung: Klaus Grünberg) und den prägnanten Kostümen (Gianluca Falaschi) mit denen er dem kleinbürgerlichen «Heile Welt‐Bedürfnis» der Nachkriegszeit im Besonderen und dem Zwang zu viel inszenieren im Allgemeinen aus dem Weg geht. Möge die Nummer 15, das Duett «Lippen schweigen, ’s flüstern Geigen: Hab’ mich lieb!», als Beispiel dienen. Das Thema, dessen Text die meisten Zuhörer kennen, taucht das erste Mal rein instrumental auf. Hier ermöglicht die minimalistische Szene durch das Fehlen visueller Ablenkung an sich und durch die Verfremdung, die das Fehlen der visuellen Ablenkung zugleich ist, dem Zuschauer das Konzentrieren auf die Musik. Im Verlauf des Abends zeigt sich, dass dieses Prinzip für das ganze Stück funktioniert: In Verbindung mit der sorgsam ausgeführten Musik genügen die Kostüme als visuelle Komponente.

Eine weitere Stärke der Inszenierung liegt darin, dass die erfundene Rahmengeschichte das Stück nicht beeinträchtigt und die für das Konzept, die Erzählung als Erinnerung Hannas, entscheidende Figur der Hanna Glawari ohne Problem auch von einer einspringenden Sängerin verkörpert werden kann. Die Rahmenhandlung zeigt, wie sich die Glawari über zwanzig Jahre nach einer ersten, leidenschaftlichen Affäre erinnert, wie sie nach den für eine Operette obligaten Irrungen und Wirrungen, den Grafen Danilo Danilowitsch dann doch heiraten konnte. Hanna und Danilo standen als mitten im Leben: beide hatten schon intensiv gelebt und Abenteuer bestanden. Die Gefühle waren immer noch intensiv, aber nicht mehr so offensichtlich wie in jüngeren Jahren. Diese glückliche Phase ist aber schon wieder vorbei. Das gerahmte Bildnis Danilos deutet an, dass sie, warum auch immer, wieder allein ist. Elissa Huber, knapp 20 Jahre jünger als Marlis Petersen, für die sie einspringt, kann dieses Konzept ohne Probleme umsetzen. Die Altersdifferenz macht sie mit überlegtem Spiel und grosser Bühnenpräsenz mehr als wett. Dabei hilft ihr auch ihre «Musical-Vergangenheit, die ihr ein intensives, genau angepasstes Spiel. Es scheint einfacher das eigene Spiel einzuschränken als zu forcieren. Michael Volle gibt mit wunderbar frei strömender Stimme und ideal abgestimmtem Spiel souverän den Graf Danilo Danilowitsch. Nach kurzen Anlaufschwierigkeiten findet Martin Winkler als Baron Mirko Zeta  zu gewohnter Form. Katharina Konradi begeistert weiterhin als herrlich natürliche Valencienne. Andrew Owens ist als Camille de Rosillon an diesem Abend perfekt bei Stimme: Diese Form wünscht man ihm immer. Barbara Grimm als Njegus, Omer Kobiljak als Vicomte Cascada, Nathan Haller als Raoul de Saint‐Brioche, Valeriy Murga als Bogdanowitsch, Maria Stella Maurizi als Sylviane, Chao Deng als Kromow, Ann‐Kathrin Niemczyk als Olga, Andrew Moore als Pritschitsch und Liliana Nikiteanu als Praškowia ergänzen das vom Publikum begeistert gefeierte Ensemble.

Patrick Hahn und die Philharmonia Zürich zeigen, ein grösserer Kontrast als zur Nachmittagsvorstellung der Csárdásfürstin ist kaum denkbar, wie knackig lebendig man Operette auch musizieren kann. Ein besonderes Lob den traumhaften Solo-Streichern! Ernst Raffelsberger hat den Chor der Oper Zürich perfekt einstudiert und dieser geniesst seinen Auftritt mit sicht- und hörbarer Spielfreude.

Vergnügen pur!

Weitere Aufführung: Do. 14. März 2024, 19.00.

12.03.2024, Jan Krobot/Zürich

 

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