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ZÜRICH/ Opernhaus: BARKOUF von Jaques Offenbach – «Die Schablone, um frech der Wahrheit Kern zu zeigen»

05.11.2022 | Oper international

Jacques Offenbach: Barkouf • Opernhaus Zürich • Vorstellung: 04.11.2022

(4. Vorstellung • Premiere am 23.10.2022)

 

«Die Schablone, um frech der Wahrheit Kern zu zeigen»

Im Falle von «Barkouf» genüge, so der Erzähler in seinem Schlusswort, die Schablone, um frech der Wahrheit Kern zu zeigen. Und dass der Komponist und die Librettisten Scribe und Boisseau reichlich frech gewesen sein müssen, zeigt die Tatsache, dass «Barkouf» die einzige Oper Offenbachs ist, die, wenn auch nur vorübergehend, von der Zensur verboten war.

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Foto © Monika Rittershaus

Max Hopp folgt bei seiner Inszenierung eng dem Libretto, ohne Aktualisierungen auf der Bühne oder in den von ihm erarbeiteten Dialogen. Marie Caroline Rössle hat ihm dazu ein «Brücke ins Nichts» als Laufsteg und zweite Spielbeine geschaffen. Die opulente Ausstattung und die farbenfrohe Kostüme von Ursula Kudrna bringen genau das auf die Bühne, was das Kopfkino zeigt, wenn man den Namen «Lahore» hört. Es werden also alle Klischees bedient, was in diesem Fall kein Problem ist, denn der einzige Zweck der exotischen Couleur locale ist die Verfremdung der Bühne, im Bewusstsein möglicher Probleme mit der Zensur. Der Handlungsort und die Handlung sind als nur Schablone, um etwas auf der Bühne zeigen zu können. Aufmerksam werden die entscheidenden Details der Handlung herausgearbeitet: Unerhört war – dürfte auch heute für viele immer noch sein -, dass zwei Frauen, Maïma und Balkis, das Heft des Handelns in die Hand nehmen, und dass das Volk die Einsetzung Barkoufs feiert anstatt sich gedemütigt zu fühlen. Es gibt auch verschiedene historische Details zu entdecken: der Fenstersturze eines unliebsamen Machtvertreters ist 1618 mit Beginn des Dreissigjährigen Kriegs populär geworden. Eine Szene zitiert Eugene Delacroix «La Liberté guidant le peuple»: Die Freiheit trägt dabei eine Fahne in Orange, der Farbe der Revolution in der Ukraine im Herbst 2004. Wie so oft setzt Franck Evin das Geschehen ins rechte Licht. Martina Borroni choreographiert die Auftritte von Tänzern, Chor und Statistenverein am Opernhaus Zürich.

Jérémie Rhorer hat das Geschehen im Graben und auf der Bühne routiniert im Griff. Die Philharmonia Zürich spielt hoch konzentriert und bringt die für ihre Zeit hoch moderne Musik perfekt zu Gehör. Der Chor der Oper Zürich (Choreinstudierung: Ernst Raffelsberger) geniesst seine Auftritte sichtlich.

Marcel Beekman geniesst seinen Auftritt als Grosswesir Bababeck und versucht den ganzen Abend über seine Tochter Périzade (Siena Licht Miller) unter die Haube zu bringen. Ganz der Politiker, der es zu etwas gebracht hat, wird er von oben getreten und gibt diese Tritte nach unten weiter, worunter in erster Linie sein Diener Kaliboul (Daniel Norman) zu leiden hat. Andreas Hörl macht die Auftritte des Gross-Mogul mit Riesenwampe und Kauderwelsch zu einem besonderen Vergnügen. Mingjie Lei gibt den Saëb mit wunderbar hellem, höhensicheren, bestens geführten Tenor. Der Tenor von Sunnyboy Dladla (Xaïloum) ist der Rolle entsprechend etwas kräftiger und mit mehr Metall. Brenda Rae begeistert als Maïma mit blendenden Höhen und gestochen scharfen Koloraturen. Phasenweise lässt die Stimme allerdings genügend Fundament vermissen. Rachael Wilson gibt mit ihrem verführerischen Mezzo eine herrliche Balkis. André Jung führt als Erzähler durch den Abend.

Nichts wie hin!

Weitere Aufführungen:

So. 06. Nov. 2022, 20.00; Mi. 09. Nov. 2022, 20.00; So. 13. Nov. 2022, 13.00;

Do. 17. Nov. 2022, 19.00; Sa. 19. Nov. 2022, 20.00; Di. 22. Nov. 2022, 19.00.

05.11.2022, Jan Krobot/Zürich

 

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