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ZÜRICH/ Opernhaus: „BACHS SÖHNE“ – La Scintilla Konzert als Live Stream

Wege in die Weltstadt, in die Provinz, zu Wohlstand und zu Armut

20.12.2020 | Konzert/Liederabende
  1. La Scintilla Konzert „Bachs Söhne“, Opernhaus Zürich, Live-Stream: 19.12.2020

 Stream verfügbar bis 27.12.2020: https://vimeo.com/492447272

Wege in die Weltstadt, in die Provinz, zu Wohlstand und zu Armut

Orchestra La Scintilla - Extra - Opernhaus Zürich
Foto: Artan Hürsever / Orchestra La Scintilla

Johann Sebastian Bach hatte zwanzig Kinder. Vier Söhne wurden, vom Vater ausgebildet, Komponisten und beschritten ganz unterschiedliche Wege. Jeder dieser vier Söhne ist mit einem Werk im ersten Konzert der laufenden Saison des Orchestra La Scintilla vertreten.

Wilhelm Friedemann Bach (1710-1784) Sinfonie in F-Dur «Dissonant» stammt aus seinen Dresdner Jahren, als er zwischen 1733 und 1746 Organist der Sophien-Kirche war. Das Vivace weist auf den schroffen, expressiven Stil des Sturm und Drang voraus, während das ruhige, fast meditative Andante an die Liebesarie einer zeitgenössischen Oper erinnert. Das Allegro drängt dann wieder vorwärts.

Das zweite Werk des Programms, und die Entdeckung des Abends, ist Johann Christoph Friedrich Bachs (1732-1795) Doppelkonzert für Viola und Cembalo in Es-Dur IJB 8. Johann Christoph Friedrich Bach, der jüngste der vier komponierenden Söhne Johann Sebastian Bachs stand zeitlebens in Diensten der Grafen von Schaumburg-Lippe in deren Residenz Bückeburg. Wilhelm Graf zu Schaumburg-Lippe hatte, beeindruckt vom Hof Friedrichs II. in Potsdam, den Plan gefasst, dieses Vorbild an seiner Residenz umzusetzen. Dazu hatte er die beiden Italiener Giovanni Battista Serini als Leiter der Hofkapelle und Angelo Colonna als Hofkomponist engagiert. Die Hofkapelle unterhielt eine Sängerin, Lucia Elisabeth Münchhausen, Tochter des Hofmusikers Ludolf Andreas Münchhausen, die durch den Unterricht des Konzertmeisters Serini in die italienische Gesangskultur eingeführt wurde. 1755 wurde sie Bachs Ehefrau. Johann Christoph Friedrich Bach wurde also bestens in den Stil der italienischen Opern und Kantaten eingeführt. Mit jedem Ton wird dies im zweiten Satz des Doppelkonzerts, dem Larghetto cantabile, deutlich. Das wunderbar gefühlvolle Solo der Viola macht den Begriff „cantabile“ vollends klar. Das Allegretto versprüht, wie schon das Allegro, mit den markanten Blechbläsern festlichen Glanz.

Johann Christian Bach (1735-1782) war der jüngste der komponierenden Söhne Bachs. Nach dem Tod des Vaters 1750 übernahm sein Halbbruder Carl Philipp Bach seine Ausbildung und holte ihn dazu nach Berlin. Starke musikalische Eindrücke empfing Johann Christian auch von den Aufführungen der Berliner Königlichen Oper, die damals unter dem Hofkapellmeister Carl Heinrich Graun ihre Glanzzeit erlebte. Das Konzert für Cembalo f-Moll Warb C 73 entstand am Ende der Lehrjahre Johann Christians als er neunzehn Jahre alt war. Bevor Johann Christian Bach mit gerade einmal 47 Jahren gesundheitlich und wirtschaftlich abgebrannt starb, machte er eine rasante Karriere als Organist in Mailand, als Opernkomponist und dann mit sechsundzwanzig als Opernunternehmer in London.

Carl Philipp Emanuel Bach (1714-1782) war das pure Gegenteil seines älteren Bruders Wilhelm Friedemann: zielstrebig, systematisch und offen für Neues. So trägt seine Sinfonie e-Moll WQ 178 („Berliner Sinfonie Nr. 3“) auf Grund ihrer Anklänge an den spanischen Tanz den Beinamen „Fandango“.

Die Solisten, Karen Forster an der Viola und am Cembalo Mahan Esfahani überzeugen mit sichtbarer Spielfreude und Virtuosität. Forster spielt auf einer Viola mit Darmsaiten und erreicht so einen ganz speziellen, herben Klang. Das Orchestra La Scintilla läuft unter seinem Chef-Dirigenten Riccardo Minasi erneut zu grosser Form auf und überzeugt auf ganzer Linie. Die unterschiedlichen Wege der komponierenden Bach-Söhne werden so auch musikalisch deutlich.

Pures Vergnügen!

21.12.2020, Jan Krobot/Zürich

 

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