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ZÜRICH/ Opernhaus: ARABELLA – Abschied von der „Welt von Gestern“. Wiederaufnahme

09.05.2022 | Oper international

Richard Strauss: Arabella • Opernhaus Zürich • Wiederaufnahme: 08.05.2022

(Premiere am 01.03.2020)

Abschied von der «Welt von Gestern»

Mit Richard Strauss «Arabella» hat das Opernhaus seine letzte vor der Pandemie entstandene Produktion, die nur viermal gespielt werden konnte, wieder aufgenommen. Mit zahlreichen Neubesetzungen hinterlässt die Produktion einen hervorragenden Eindruck.

Arabella - Oper - Opernhaus Zürich
Foto © Toni Suter

Eine der grossen Qualitäten des Komponisten Richard Strauss liegt für Regisseur Robert Carsen darin, dass Strauss ein Seismograph seiner Zeit gewesen sei: Entsprechend lässt das Leading Team die Produktion, auch wenn das Libretto als Zeit der Handlung die 1860er-Jahre vorgibt, im Wien des beginnenden Nationalsozialismus spielen und konzipiert sie als Abschied von der «Welt von gestern» (frei nach Stefan Zweig). Ausstatter Gideon Davey hat dazu die Lobby eines zeitgenössischen Grand Hotel auf die Bühne gebaut. Ist sie im ersten Aufzug noch geschlossen und steht für die heile «Welt von Gestern», öffnet sie sich mit dem Einbruch des Nationalsozialismus im zweiten und dritten Aufzug. Robert Carsen und Peter van Praet setzen die Produktion ins rechte Licht, die Choreografie der Kollektive hat Philippe Giraudeau besorgt.

Bassbariton Michael Hauenstein singt mit frei strömender Stimme Arabellas Vater, den Grafen Waldner. Judith Schmid verkörpert mit markantem Mezzosopran Arabellas Mutter Adelaide. Einen grossen Erfolg kann Hanna-Elisabeth Müller, die in der Rolle der Arabella debütiert, feiern. Die Verkörperung der Zurückhaltung im ersten Aufzug wie dann der flammenden Liebe im zweiten und der Vergebung im dritten Aufzug gelingen ihr mit Leidenschaft, aber auch beeindruckend innigen Tönen. Anett Fritsch gibt eine herrlich burschikose Schwester Arabellas. Mit dunklen Farben gelingt ihr ein guter stimmlicher Kontrast. Josef Wagner gibt mit herrlich frei strömendem, kernigen Bariton einem Mandryka, dessen Wirkung auf die Damenwelt ohne weiteres nachvollziehbar ist. Sehr gut gefällt Rollendebütant Pavol Breslik mit sauber geführtem, leicht metallischen Tenor als Matteo. Alexandra Kubas-Kruk gibt eine tadellose Fiakermili. Die Grafen Elemer, Dominik und Lamoral sind mit Nathan Haller, Yannick Debus und Brent Michael Smith wie die Kartenaufschlägerin mit Irène Friedli luxuriös besetzt. Alejandro Del Angel als Ein Zimmerkellner, Cheyne Davidson als Welko, Mentor Bajrami als Djura und Nick Lulgjuraj als Jankel ergänzen das glänzende Ensemble.

Die Philharmonia Zürich unter Markus Poschner bringt Strauss Partitur konzentriert und klangvoll zu Gehör. Weniger (Lautstärke) wäre manchmal mehr. Der Chor der Oper Zürich wurde von Ernst Raffelsberger bestens vorbereitet. Ohne den Statistenverein am Opernhaus Zürich wäre auch diese Produktion nicht zu stemmen.

Eine ausserordentlich stimmige und intelligente Produktion.

Weitere Aufführungen:

FR 13.05.2022 um 19.00, SO 15.05.2022 um 19.00 und FR 20.05.2022 um 20.00.

11.05.2022, Jan Krobot/Zürich

 

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