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ZÜRICH/ Opernhaus: ANNA BOLENA – 4. Vorstellung. War das die gleiche Oper?

19.12.2021 | Oper international

Gaëtano Donizetti: Anna Bolena • Opernhaus Zürich • Vorstellung: 18.12.2021

(4. Vorstellung • Premiere am 05.12.2021)

War das die gleiche Oper?

War das die gleiche Oper wie am 5. Dezember (Premiere «Anna Bolena»)? Der Besetzungszettel sagt ja. Gleiche Oper, gleiche Solisten, gleicher Dirigent.

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Foto © Toni Suter

Der Blick auf den Besetzungszettel bestätigt in diesem Fall gang besonders nachdrücklich, dass eine Produktion im Laufe der Serie besser wird. Das war an diesem Abend exemplarisch zu erleben. Diana Damrau hat Anna Bolena mit packender Bühnenpräsenz und grossem Stilbewusstsein interpretiert. Die Stimme hat gut getragen, wohl auch deshalb weil nun der Premierendruck weg war und es nichts mehr zu beweisen galt. Die «sportliche» Arie mit den Koloraturen, wie Damrau die Cavatina «Come, innocente» beschreibt, gelingt wunderbar leicht und mit wohl dosierter Attacke. In den Duetten, gerade im grossen Duett mit Giovanna im zweiten Akt, steigern sich Brio und szenische Intensität immer mehr. Am Schluss des finalen «Coppa iniqua» hätte man gerne, wie man es in Zürich von früher her gewohnt ist, lang ausgehaltene spitzentöne gehört. Damrau hat sie nicht gebracht und das war gut so: ihr gab es Sicherheit und der Zuhörer lernte ohne Verlust an emotionaler Beeindruckung eine neue Variante kennen. Auch Karine Deshayes als Giovanna Seymour hat sich gegenüber der Premiere deutlich gesteigert. Die Schärfe der Stimme ist weg, sie gestaltet und läuft im grossen Duett zu Damrau zu grosser Form auf. Zu laut ist sie immer noch. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Kaum wiederzuerkennen ist Luca Pisaroni als Enrico VIII. Noch immer gestaltet er einen Despoten auf dem Höhepunkt seiner Kräfte, nun aber mit den stilistisch adäquaten Mitteln und szenischer Präsenz. Stanislav Vorobyov gibt mit kernigem Bariton einen herrlichen Lord Rochefort, Alexey Neklyudov einen, von einer kurzen Krise abgesehen, vorbildlichen Lord Riccardo Percy. Nadezhda Karyazina ist als erkältet angesagt. Nathan Haller ergänzt das Ensemble als Sir Hervey.

An diesem Abend spielt die Philharmonia Zürich unter musikalischer Leitung von Enrique Mazzola traumhaft sicher und leidenschaftlich. Jeder Takt von Donizettis herrlicher Musik wird, immer im Bewusstsein Sänger zu begleiten und ihnen die Basis für ihre Rollengestaltung zu bereiten, voll ausgekostet. Ein besonderes Lob verdienen an diesem Abend die Blechbläser.

Der von Ernst Raffelsberger vorbereitet Chor der Oper Zürich lässt auch an diesem Abend hören, dass er sich, schon länger, in grossartiger Form befindet.

In seiner Inszenierung arbeitet David Alden wieder mit dem aus seiner Maria Stuarda bekannten Raum mit den weissen Steinmauern (Ausstattung: Gideon Davey). Mit passenden Versatzstücken schafft er, eng dem Libretto folgend, die von den Sängern zur Rollengestaltung benötigte Atmosphäre.

So macht «Anna Bolena» Freude!

Weitere Aufführungen:

Do.23. Dez., 19.00; Mi.29. Dez., 19.00; So. 02. Jan., 14.00; Mi. 05. Jan., 19.00; So. 09. Jan., 20.00;

Do.13. Jan., 19.00.

 

19.12.2021, Jan Krobot/Zürich

 

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