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ZÜRICH/ Opernhaus: ANDREA CHENIER von Umberto Giordano. Konzertante Aufführung/ Premiere. Schlicht ein Ereignis

09.07.2024 | Oper international

Umberto Giordano: Andrea Chénier • Opernhaus Zürich • Premiere: 07.07.2024 abends

Konzertante Aufführung

Schlicht ein Ereignis

Marco Armiliato und die Philharmonia Zürich machen die letzte Premiere der Saison zum Ereignis. Mit diesem Orchester, diesem Chor und diesen Solisten kann man selbst eine Verismo-Oper konzertant aufführen.

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Foto © concertisticlassica.com

Mit seinem auswendigen Dirigat beweist Marco Armiliato einmal mehr, dass er im Moment einer der führenden, wenn nicht der führende Dirigent im italienischen Fach ist. «Andrea Chénier», mit der er 2015 an der Wiener Staatsoper debütierte, scheint im besonders zu liegen und so ist zu beobachten, wie sehr ihm die Arbeit Freude macht. Das ihm eigene, höchst sympathische spitzbübische Lächeln verschwindet nicht für einen Moment und trotzdem hat er mehr (natürliche) Autorität als die meisten anderen Dirigenten. Er hat das Geschehen jederzeit unter Kontrolle und animiert die Philharmonia Zürich zur absoluten Höchstform. Hier wird einmal mehr klar, wie sehr es auch auf den Dirigenten ankommt. Und gerade Armiliato ist ein begnadeter Sänger-Dirigent und trägt mit seiner Empathie und dem idealen Lautstärken-Management die Sänger durch den Abend. Die Philharmonia profitiert ebenfalls von Armiliatos Um- und Übersicht. Alle sind mit höchster Konzentration am Werk und jedes Register hat Gelegenheit, zu glänzen.

Der Chor der Oper Zürich überzeugt mit hauchfeinen Piani, perfekter Rhythmik, überragender Textverständlichkeit und sattem Wohlklang. Einmal mehr hat Ernst Raffelsberger mit der Choreinstudierung perfekte Arbeit geleistet.

Das dramaturgische Grundgerüst des musikalischen Dramas mit historischem Hintergrund in vier Bildern ist die klassische Dreiecksgeschichte: Sopran liebt Tenor und Bariton intrigiert. Erika Grimaldi (Maddalena di Coigny) debütiert an diesem Abend am Opernhaus Zürich. Ihr jugendlich-dramatischer Sopran ist perfekt geführt und fokussiert und flutet das weit des spärlich besetzen Hauses ohne Probleme. Ihre souveränes Durchdringung der Rolle erlaubt ihr ein Intensität zu erreichen, die andere «nur» in szenischen Aufführungen erlangen. Auf ihre Amelia in «Un ballo in maschera» in der kommenden Saison darf man sich uneingeschränkt freuen! George Petean feiert in der Rolle des Carlo Gérard nach marginalen Anlaufschwierigkeiten einen persönlichen Triumph. Auch seine Stimme strömt frei, die Rolle ist tief durchdrungen und auch er vermag mit seiner Routine und Souveränität Akzente zu setzen, die die konzertante Aufführung vergessen lassen. Yonghoon Lee (Andrea Chénier) vermag das Niveau seiner Conprimarii leider nicht zu halten. Er scheint einem Drang zu erliegen, mit einem kaum differenzierten Dauerforte permanent zu zeigen, wer hier der Tenor ist. Mit mehrheitlich zugekniffenen Augen, steifem Oberkörper und höchst «klassischer» Gestik gerät sein Rollenporträt dann doch eher hölzern. Auch die zahlreichen Nebenrollen, Sarah Castle als Gräfin di Coigny, Siena Licht Miller als Bersi und Irène Friedli als Madelon wie auch Brent Michael Smith als Pietro Fléville, David Astorga als Abbate, Omer Kobiljak als Spitzel, Stanislav Vorobyov als Roucher, Valeriy Murga als Schmidt, Andrew Moore als Fouquier-Tinville, Gregory Feldmann als Leiter des Haushaltes, Samson Setu als Mathieu und Aksel Daveyan als Dumas sind luxuriös besetzt.

Ein Ereignis!

Weitere Aufführungen: Do. 11. Juli 2024, 19.00 und So. 14. Juli 2024, 19.00.

 

08.07.2024, Jan Krobot/Zürich

 

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