Georg Friedrich Händel: Agrippina • Opernhaus Zürich • Vorstellung: 18.03.2025
(7. Vorstellung • Premiere am 02.03.2025)
Käsebrot und Kücheninsel? Käsebrot und Kücheninsel!
Nach ihrem Hausdebut als Cherubino in «Le nozze di Figaro» zieht Lea Desandre das Zürcher Publikum nun als Poppea in ihren Bann. Erneut faszinieren ihre enorme Bühnenpräsenz und überragende Natürlichkeit.
Foto © Monika Rittershaus
Der zweite Teil des Abends, Jetske Mijnssen siedelt ihre Inszenierung in der High Society eines zeitgenössischen Amerika (Video: Kevin Graber) an, spielt über weite Strecken in der Küche des Anwesens von Agrippina und Claudio. Hier überwältigen schon das Zusammenspiel des Bühnenbilds von Ben Baur und der Kostüme von Hannah Clark. Baur hat die Küche mit Geschmack gestaltet und, wie von ihm gewohnt, akribisch ausgestattet. Die Küchenmaschinen passen ideal zu dezentem Luxus der Einrichtung und die Schränke, egal ob Kühl- oder Putzschrank oder Unterschrank der Kücheninsel. Und trotzdem müssen die beiden letzteren zwischenzeitlich als Versteck dienen. Clark kleidet die Solisten in seidene Bademäntel und Pyjamas, die jedem einzelnen bestens stehen.
Ein selbst gestrichenes Käsebrot und die erwähnte Kücheninsel sind der Ausgangspunkt jener Szenen, in denen Poppea Claudio, Nerone und Ottone empfängt. Es ist schlicht atemberaubend mit welcher Natürlichkeit Lea Desandre als Poppea sich das Käsebrot streicht und nach und nach ihre Verehrer umgarnt und dabei auch trittsicher auf der Kücheninsel tanzt. Und dabei einfach göttlich singt. Jakub Józef Orliński (Ottone) hat hier auch einen «eigenen» kurzen Auftritt, wenn er, im Putzschrank versteckt, rasch über die Regalbretter nach oben klettern muss, als Claudio etwas aus dem Schrank nehmen will. Orlińskis Countertenor sitzt perfekt und überzeugt mit ihrer Wärme und Virtuosität. Christophe Dumaux gibt mit dominantem, jugendlich strahlendem Countertenor den Nerone und kann in den virtuosen Arien besonders überzeugen. Dritter Countertenor auf der Bühne ist Alois Mühlbacher als Narciso: mit perfekt fokussierter Stimme gibt er ein grosses Versprechen für die Zukunft ab. José Coca Loza gibt mit prächtigem Bass den Pallante. Anna Bonitatibus als Agrippina ist eine Idealbesetzung und kombiniert ihrem agilen, warmen Mezzosopran mit einer ergreifenden Rollengestaltung. Nahuel Di Pierro gibt den Claudio mit warmem, angenehm hell timbrierten Bass. Yannick Debus als Lesbo ergänzt das Weltklasse-Ensemble.
Harry Bicket (Musikalische Leitung) wählt rasche Tempi, schafft gute Spannungsbögen und trägt die Solisten auf Händen durch den Abend. Das Orchestra La Scintilla besticht mit überbordender Spielfreude und bringt Händels atemberaubende Partitur perfekt zu Gehör.
Diese «Agrippina» muss man erlebt haben!
Weitere Aufführungen: Do. 27. März 2025, 19.00; So. 30. März 2025, 19.30.
20.03.2025, Jan Krobot/Zürich