Georg Friedrich Händel: Agrippina • Opernhaus Zürich • Vorstellungen: 05. und 07.03.2025
(2. und 3. Vorstellung • Premiere am 02.03.2025)
Käsebrot und Kücheninsel
Mit der Produktion von Händels «Agrippina» ist dem Opernhaus Zürich ein veritabler Wurf gelungen. Produktionen von so durchgehend allerhöchstem Niveau sind nur ganz selten zu erleben.
Foto © Monika Rittershaus
Jetske Mijnssen (Inszenierung) verlegt die Handlung in eine den Erfolgsserien «Succession» oder «House of Cards» nachempfunden Gegenwart. Die zeitliche Verlegung funktioniert tadellos und trägt enorm zur Wirkung des Stücks bei. Mijnssen inszeniert eng am Libretto und gibt den Solisten nur die Leitplanken ihrer Rollengestaltung vor. Den Zwischenraum füllen die Solisten jeweils auf souveräne Art und Weise aus. Das Bühnenbild von Ben Baur überzeugt durch seine Stimmigkeit und den ausserordentlichen Detailreichtum. Die Räumlichkeiten entsprechen genau dem, was bei einer «einflussreichen, schwerreichen Familie» erwartet und sind liebevoll und stilsicher ausgestattet. Details wie der gefüllte Kühlschrank, der Putzschrank, die Tafel des Schlussbildes und die unzähligen, prunkvollen Blumengestecke sprechen für sich. Hannah Clark hat jeweils ideal zu den Figuren passende Kostüme ausgewählt, die den Eindruck erwecken, als stammten sie aus deren persönlicher Garderobe. Das Fest für die Augen (und Ohren) wird von Bernd Purkrabek ins rechte Licht gesetzt.
Das Orchestra La Scintilla befindet sich in Höchstform: Klangschöner, intensiver, mitreissender kann man Händel nicht spielen. Harry Bicket (Musikalische Leitung) wählt zügige Tempi, die die Farbigkeit der Instrumentation und die Spielfreude des Orchesters prächtig zu Geltung kommen lassen. Weltklasse!
Nahuel Di Pierro gibt den Claudio mit warmem, angenehm hell timbrierten Bass. Anna Bonitatibus punktet als Agrippina mit agilem Mezzo und überragender Bühnenpräsenz. Ihr nimmt man die Intrigantin in schwierigem Umfeld sofort ab. Christophe Dumaux gibt den Nerone mit hellem, metallisch-schillerndem Countertenor. Hin und wieder kommt man auf den Gedanken etwas weniger (laut) könnte mehr sein. Die Krone des Abends gebührt eindeutig der Poppea von Lea Desandre. Ihr Mezzosopran klingt wunderbar voll und ist souverän geführt. Atemberaubend ist ihre Bühnenpräsenz: Eine solche Natürlichkeit ist eine Gabe, die jeden ihrer Auftritte zum Erlebnis macht. Gerade in der grossen Szene mit ihren drei Verehrern, aber nicht nur hier, bekommt der Zuschauer das Gefühl, dass das, was er gerade erlebt, «Realität» und nicht Theater ist. Absolut auf Augenhöhe mit ihr agiert Jakub Józef Orliński als Ottone. Sein Countertenor fliesst klangschön und frei und seine Verzierungen sind der pure Genuss. José Coca Loza als Pallante, Alois Mühlbacher als Narciso und Yannick Debus als Lesbo ergänzen das Weltklasse-Ensemble.
Klangschöner, intensiver, mitreissender kann man Händel nicht spielen: Das muss man erlebt haben!
Weitere Aufführungen:
So. 09.03.2025, 19.30; Di. 11.03.2025, 19.00; Fr. 14.03.2025, 19.00; Di. 18.03.2025, 19.00;
Do. 27.03.2025, 19.00; So. 30.03.2025, 19.30.
08.03.2025, Jan Krobot/Zürich