AUSSTELLUNG: STEREOMANIA• DIE SCHWEIZ IN 3D: Landesmuseum Zürich, 23.07.2021 – 17.10.2021
Die Illusion vor Ort zu sein
Seine diesjährige Sommerausstellung widmet das Landesmuseum Zürich der Stereoskopie als erstem fotographischen Massenmedium. Handliche Geräte und Weiterentwicklungen im Bereich der Photographie machten in der Mitte des 19. Jahrhunderts aus dem Wissenschaftsinstrument ein Unterhaltungsmittel.
Stereoskop: Handapparat zur Betrachtung von Stereobildern. Hergestellt wurde er von der Firma Underwood & Underwood, 1911. Foto © Schweizerisches Nationalmuseum.
Die Stereoskopie wurde nach ihrer Präsentation auf der Weltausstellung 1851 in London rasch enorm populär, so dass von einer Stereomania gesprochen wurde. Die Stereoskopie ist eng mit der Schweiz als Reiseland verbunden, denn zu ihrer Entstehungszeit lösten sie die Bilder der «Kleinmeister» (Maler der Romantik, die Veduten für Touristen fertigten) als Medium virtueller Reisen ab und sie wurde in dem Land erfunden, dass damals den grössten Teil der Besucher der Schweiz stellte. Die Stereophotographen bereisten die «klassischen» touristischen Routen und machten so Werbung für den realen Fremdenverkehr. Die Stereophotographie wurde prägend für die Schweiz als Reiseland: nachdem man nun überall auf der Welt die Illusion vor Ort zu sein haben konnte, genügte die Illusion dann auf einmal nicht mehr. Entsprechender Herkunft der Touristen beherrschten europäische (britische) Unternehmen den Markt, bevor dann amerikanische Verlage dominierten. Die industrielle Produktion, Underwood & Underwood produzierte 1901 rund 25’000 Stereokarten pro Tag, ermöglichte es bei hoher Qualität die Kosten tief zu halten.
Stereofotografie von Flüelen, Vierwaldstättersee, 1903. Herstellerin war die US-Firma American Stereoscopic Company in New York. Foto © Schweizerisches Nationalmuseum.
Für den Betrachter der Gegenwart mag sich der Reiz der Bilder nicht sofort einstellen, denn heute sind die Seh- und Wahrnehmungsgewohnheiten völlig anders. Gelingt es aber, sich in den zeitgenössischen Betrachter und seinen Erfahrungshorizont hineinzuversetzen, so entwickeln die Bilder einen ganz eigenen Reiz.
Eine kleine, hochinteressante Ausstellung.
24.07.2021, Jan Krobot/Zürich