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ZÜRICH/ Opernhaus: SERSE von G.F. Händel. Eine musikalische Sternstunde: Die Funken sprühen nur so!

30.09.2024 | Oper international

Georg Friedrich Händel: Serse • Opernhaus Zürich • Zürcher Premiere: 29.09.2024 abends
Eine musikalische Sternstunde: Die Funken sprühen nur so!

Die zweite Saison-Premiere, Händels «Serse», schenkt dem Zürcher Publikum eine musikalische Sternstunde.


Foto © Toni Suter

Gegenüber den Aufführungen sind eine ganze relevanter Änderungen erfolgt. Statt des «Musikkollegium Winterthur» spielt nun eine Spezialformation für Alte Musik, das «Orchestra La Scintilla» (ital. la scintilla: der Funke). Mit Enrico Onofri hat ein Spezialist für Alte Musik, der seine Karriere als Konzertmeist einschlägiger Formationen begann, die musikalische Leitung inne. Und bis auf die Rolle des Elviro sind alle Partien neu und nicht mehr aus dem Studio besetzt.

Das Orchestra La Scintilla überzeugt mit einem unerhört farbenreichem, wunderbar vollem Klang und enormer Spielfreude: Die Funken sprühen nur so. Die tiefen Streicher und die Holzbläser sind deutlich wahrnehmbar als bei anderen Gelegenheiten und so wird ein Klang erreicht, der bei barocker Leichtigkeit einen «romantischen Körper» hat. Dirigent Enrico Onofri nutzt die klangliche Vielfalt und schafft mit flexiblen Tempi wunderbare Spannungsbögen und erweist sich als idealer Sängerbegleiter. Dem Drive des Abends kann sich niemand entziehen.

Sechs von sieben Solisten debütieren an diesem Abend in ihren Rollen. Davon ist aber, lange nicht selbstverständlich, nichts zu bemerken. Raffaele Pe gibt den Serse grandios geführtem, sensationell virtuosem und tenoral strahlendem Countertenor. Christophe Dumaux Countertenor ist etwas dunkler gefärbt, hier etwas zurückhaltend geführt aber nicht minder virtuos als jener von Pe. So ist das Brüderpaar ideal besetzt: die Stimmen harmonieren perfekt, sind aber doch deutlich zu unterscheiden.

Noa Beinart gibt die Amastre mit verführerischem, sensibel geführten Alt und überzeugender Bühnenpräsenz, Anna El-Khashem mit strahlend hellem Sopran ihre Schwester Romilda. Miriam Kutrowatz ist eine auch stimmlich überzeugende Atalanta. Miklos Sebestyén hält als Ariodate mit Haifisch-Pantoffeln väterlichen Abstand zum Treiben seiner Töchter. Gregory Feldmann hat den Elviro schon in Winterthur verkörpert und geniesst seinen Auftritt als Drag Queen auch diesmal.

Nina Russi (Inszenierung) erzählt, wie im Programmheft postuliert, mit modernen Bildern eine moderne Geschichte von modernen Menschen. Im Gegensatz zu den Aufführungen in Winterthur (https://onlinemerker.com/winterthur-stadtgarten-gastspiel-oper-zuerich-serse-von-g-f-haendel-von-naturverbundenen-monarchen-und-einem-bonsai-premiere/) ist nun aber die Verbindung mit der Musik verlorengegangen.

Unverständlich ist, gerade angesichts des Aufwands der Umbesetzungen und entsprechenden Proben, warum die «Übernahme» aus Winterthur, seitens des Hauses so stiefmütterlich behandelt wird. Gerade die musikalische Seite hat ein Niveau, die die Behandlung (und nicht nur die Deklaration) als Premiere mehr als nur rechtfertigen würde. Stattdessen wird die Premiere als Volksvorstellung angeboten und erhält entsprechend wenig Aufmerksamkeit: Fehlt das Vertrauen in die eigenen Kräfte?

Eine musikalische Sternstunde!

Weitere Aufführungen: Sa. 05. Okt. 2024, 19.00; Di. 08. Okt. 2024, 19.00; Do. 17. Okt. 2024, 19.00.

01.10.2024, Jan Krobot/Zürich

 

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