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XIX. Magyar Táncfesztivál in Györ: Kulturgut Tanz mit all den Freuden  (19. bis 23.6.2024)

24.06.2024 | Ballett/Performance

XIX. Magyar Táncfesztivál in Györ: Kulturgut Tanz mit all den Freuden          (19. bis 23.6.2024)

So nahe und doch ganz anders! Keine neue Erkenntnis, doch das 19. Ungarische Tanzfestival in Györ hat diese Unterschiedlichkeiten bezüglich dem Kulturgut Tanz – heutige Mode wie die ungebrochene Tradition des Volkstanzes – zwischen den Nachbarländern Ungarn und Österreich erneut so offensichtlich aufgezeigt. Jetzt nicht an diese in Österreich schwächelnde, ziemlich entkräftete Tanzszene gedacht, sondern mit Blickrichtung auf die an die rund zwei Dutzend ungarischen Tanzkompanien: Nicht nur in Budapest, auch in kleinen Städten, anders als in Österreich, sind Choreographen, Performer mit ihren Kompanien um ein eigenes Profil bemüht. Und da die Ausbildung im Land durch die Jahrzehnte immer erstklassig gewesen ist, bewegen sich diese ambitionierten kleineren Ensembles mit ihren auch Auftrittsmöglichkeiten findenden Jungen auf einem entsprechend kultivierten Niveau. Abwechselnd zur alljährlichen Präsentation in Györ eingeladen sind diesmal etwa Tranzdanz oder Invers Dance/Zoltán Fodor Company oder die frühe Moderne-Pionierin Yvette Bozsik gewesen …. alles hat seine Qualitäten, sie können sich mit ihren anspruchsvollen Tanzschöpfungen bewähren.

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„Wach auf, meine Liebe“ /  Zoltán Fodor Company                       Foto: Balázs Gyármati

Das international arrivierte Györi Balett der Stadt gibt natürlich den Ton an. János Kiss, die langjährige antreibende gute Seele der Kompanie, wechselt als Präsident der Ungarischen Ballettakademie nach Budapest. Und Györs Ballettchef László Velekei führt die mitten im heute stehende ungarische Choreographenriege an. Und beim alljährlichen Festival im Juni immer dabei, immer ein Muss und enthusiastisch gefeiert, ist eine der drei großen Folklore-Ensembles. Diesmal faszinierte mit Vitalität und sehr klarer Aussagekraft Zoltán Zsuráfszkys Nationaltanz Ensemble (vormals: Honved) mit der neuen Kreation „Barbárok“. Als ‚ein Tanzgedicht auf Worte von Zsigmond Móricz‘ welches in unterschiedlichen Episoden über heikle Liebesbeziehungen, nicht stimmige Partnerschaften, die Suche nach Lebensglück sinniert. Künstlerisch ausgesprochen sensitiv gedacht. Und dazu kommt immer zum Ausklang das faszinierende und so virtuos ausgearbeitete wie fulminant auftrumpfende Folklore-Tanzfeuerwerk.

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„Barbárok“ / Ungarisches Nationaltanz Ensemble. Photo: Balázs Gyármati 

Ebenso sensibel versetzt sich Éva Duda mit ihren TänzerInnen in das Schicksal der mexikanischen Malerin Frida Kahlo. „Frida, Muse der Liebe“ – nicht ineinander fließend, doch gefühlvoll in Betrachtungen über ihr Leben geteilt. Feinsinnig gedacht: Religiöse Erziehung, der schwere Unfall, offene Liebe, ihre enge Beziehung zu Maler Diego Rivera, aufwühlende Empfindungen im mexikanischen Karneval, immer wieder das Liebesbedürfnis. Wie in allen in Györ gezeigten Kreationen heißt es musikalisch dazu: Montázs (= Collage). Ravels „Bolero“ wird hier zum mitreißenden Totentanz.  

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Evá Dudas „Frida“. Photo: Balázs Gyármati

So richtig überwältigende starke tänzerische Momente sind für die Choreographen in unseren Tagen nicht mehr so leicht zu finden. Auch nicht neue seelentiefe Musik ist zu hören. Doch die strahlenden Helden mit all dem früheren Pathos haben auf der Tanzbühne ausgedient. Die klare Tendenz heute bei den ihre kreativen Kräfte auslebenden ungarischen Tanzschaffenden: Die Bemühungen um ausdrucksstarke, psychisch auslotende Stücke wie „Unbewusst“, „Wach auf, meine Liebe“, „Hermesz“ sind offensichtlich. In bewegungsmäßig geschmeidiger Körpersprache, intensiv auftretend, oft weiblich-männlich verschmelzend, des öfteren mit allzu ausgedehnten Sequenzen, doch nie wirklich schwach.

Und hier, sehr stimmig: Perfomances für die Kleinsten gehören zum Festival dazu. Uns abends, am Platz vor dem Theater, wird zum allgemeinen Tanz  aufgespielt. Mit Enthusiasmus. Zu Salsa-Rhythmen, lateinamerikanisch, spanisch, mit folkloristischen wie modischen Reigentänzen. Und so etwas wie zigeunerische Klänge passen hier zum tänzerischen Ausleben genau dazu.

Meinhard Rüdenauer

 

 

 

 

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