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WIESBADEN/ Kurhaus: Hessisches Staatsorchester Wiesbaden Gerhard Korsten, musikalische Leitung, Antje Weithaas, Violine (Mozart, Bartok.Mendelssohn)

19.12.2024 | Konzert/Liederabende

Eine musikalische Reise: Mozart, Bartók und Mendelssohn im Kurhaus Wiesbaden. 18.12.2024

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Gérard Korsten. Foto: Marco Borggreve

Am Abend des 18. Dezember 2024 präsentierte das Hessische Staatsorchester Wiesbaden unter der Leitung von Gérard Korsten ein abwechslungsreiches Programm mit Werken von Mozart, Bartók und Mendelssohn. Mit Antje Weithaas als Solistin im Mittelpunkt und dem Orchester in beeindruckender Form erlebte das Publikum einen erhebenden Konzertabend, der von feinsinniger Klanggestaltung und dynamischer Dichte geprägt war.

Die „Cassazione“ Nr. 2 von Wolfgang Amadeus Mozart eröffnete den Abend mit einem spritzigen, tänzerischen Charakter. Das mehrsätzige Werk, das Mozart in den 1770er-Jahren in Salzburg mit gerade einmal 13 Jahren schrieb, zeigte sich unter Korstens präziser Leitung in all seiner charmanten Eleganz. Die Streicher, schufen eine vorzüglich durchsichtige Textur, die dem Werk einen intimen, kammermusikalischen Charakter verlieh. Das Hessische Staatsorchester überzeugte mit klarer Artikulation, homogener Balance und präzisem Zusammenspiel. Besonders die Violinen glänzten, während die Bratschen und Celli die harmonische Basis mit Wärme und Sanftheit ausfüllten. Gérard Korsten führte das Ensemble mit lockerer, aber bestimmter Hand, sodass Mozarts verspielter Geist und die tänzerische Leichtigkeit der „Cassazione“ bestens eingefangen wurden.

Béla Bartóks erstes Violinkonzert, ein Werk voller Intimität und Leidenschaft, bot den emotionalen Mittelpunkt des Abends. Bartók schuf dieses Stück als Hommage an seine unglückliche Liebe zur Geigerin Stefi Geyer, und die beiden Sätze spiegeln eine Reise von zarter Idealisierung hin zu aufgewühlter Emotionalität wider. Die Entstehung dieser so besonderen Liebeserklärung erinnert an einen Krimi. Bartóks Liebe blieb unerwidert, und Geyer verwahrte das Werk bis zu ihrem Tod. Nach 1956 wurde es erst entdeckt und 1958 uraufgeführt.

Antje Weithaas bewies einmal mehr, warum sie zu einer der besonderen Geigerinnen unserer Zeit zählt. Erstmals spielte sie dieses Werk. Allerdings wirkte die faszinierende Künstlerin derart innig mit dem Werk verbunden, als gehöre dieses zu ihrem Standardrepertoire. Im ersten Satz interpretierte sie die schwelgerischen Melodiebögen mit einem ergreifenden Ausdruck und makelloser Tonqualität. Ihre Expressivität reichte von sanfter Zärtlichkeit bis zu einem intensiven Glühen, das die Zuhörer mitten in Bartóks emotionale Welt zog. Faszinierend ist die Bandbreite, die der große ungarische Komponist ausbreitet. Vom unbegleiteten Beginn der Solistin verdichtet sich das eindrückliche Hauptthema in den intensiver werdenden Klängen des Orchesters. Markante Holzbläser-Soli folgen, bevor die zauberhaften doppelt besetzten Harfen diesem Abschnitt ein spährisches Ende bescheren, in welchem die Violine in höchste Pianissimo-Töne entschwindet. Im zweiten Satz brillierte Weithaas mit technischer Virtuosität und sprühender Lebendigkeit. Deutliche Rhythmen, schillernde Pizzicati und kunstvolle Flageolett-Klänge setzten eindrucksvolle Akzente. Dieses Finale zeigt auch musikalischen Witz, aber vor allem größte Kunstfertigkeiten auf dem Instrument. Die Bogenführung ist anspruchsvoll, immer wieder werden Doppelgriffe gefordert und schnellste Tonfolgen bemüht. Antje Weithaas begegnete diesen Anforderungen mit großem Können und spürbarer Hingbabe. Eine fabelhafte Leistung.

Das Hessische Staatsorchester bewies auch in diesem komplexen Werk seine stilistische Vielseitigkeit. Die Streicher zeichneten sich durch eine feine Abstimmung mit der Solistin aus, während die Holzbläser mit zarten und farbenreichen Klangnuancen Bartóks Klangwelt bereicherten. Die Blechbläser sorgten mit klaren Akzenten für Spannungsmomente, während die Paukenschläge die dramatischen Höhen des zweiten Satzes wirkungsvoll unterstrichen. Gérard Korsten hielt das Orchester mit souveräner Führung im Gleichgewicht und ermöglichte ein fein abgestimmtes Wechselspiel zwischen Solistin und Ensemble. Das Publikum zeigte sich erfreut und erhielt eine humorige Zugabe: das „Perpetuum Mobile“ von György Kurtág.

Felix Mendelssohns dritte Sinfonie entführte das Publikum in die rauen, stimmungsvollen Landschaften Schottlands. Inspiriert von seiner Reise durch die Highlands und den Ruinen von Holyrood, verschmilzt in diesem Werk Naturidylle mit romantischer Innerlichkeit.

Im ersten Satz entfaltete das Orchester ein weites Klangspektrum: Die tiefen Streicher eröffneten mit einer melancholischen Melodie, die von den Holzbläsern feinfühlig weitergeführt wurde. Korsten schuf eine dichte Atmosphäre, in der die dramatischen Ausbrüche und lyrischen Passagen ein eindringliches Wechselspiel bildeten. Mit starkem Beben war diese herrliche Musik sehr abwechslungsreich in der Darbietung des fabelhaft aufspielenden Orchesters. Der zweite Satz versprühte tänzerische Leichtigkeit. Mendelssohns stilisierte Dudelsackklänge wurden vom Hessischen Staatsorchester mit spielerischer Präzision umgesetzt. Die Holzbläser sorgten mit ihren markanten, federnden Rhythmen für ein ländliches Flair, während die Streicher mit klaren Artikulationen die tänzerische Energie unterstrichen. Im dritten Satz beeindruckten vor allem die Streicher durch einen warmen, ausdrucksvollen Klang. Die Bläser, insbesondere die Hörner, setzten berührende Akzente, die die romantische Sehnsucht des Satzes einfingen. Die Holzbläser zeichneten sich durch eine sanfte, dennoch prägnante Gestaltung der Melodien aus. Der vierte Satz bot einen kraftvollen Abschluss. Die rhythmischen Schläge der Pauken im Eingang verliehen dem Satz eine klare Pointierung, die sich im Verlauf zu einem triumphalen Finale steigerte. Die strahlenden Hörner und die präzise eingesetzten Blechbläser sorgten für eine imposante Coda, die das Publikum begeisterte. Korsten führte das Orchester mit innerem Feuer und kraftvoller, weit ausladender Gestik. Jederzeit bewahrte er die Kontrolle über die vielschichtige Struktur dieses komplexen Satzes.

Das Hessische Staatsorchester zeigte in der Mendelssohn-Sinfonie eine hinreißende Leistung. Die Streicher überzeugten mit homogener Wärme, Klangschönheit und präzisem Zusammenspiel, die Holzbläser mit ihren charakteristischen Klangfarben und die Blechbläser mit ihrer glanzvollen Präsenz. Die Pauke war ein selbstbewusst agierender Impulsgeber. Korstens Interpretation brachte die klanglichen Feinheiten und den romantischen Geist dieses Werks auf beeindruckende Weise zur Geltung. Ein schönes Weihnachtsgeschenk für die heiter gestimmten Zuhörer, die sodann von Gérard Kosten von der Bühne Wünsche für die Feiertage und ein gutes neues Jahr entgegennehmen durften.

Das Konzert im Kurhaus Wiesbaden zeigte das Hessische Staatsorchester in bestechender Form: Von der tänzerischen Leichtigkeit Mozarts über die emotionale Bandbreite Bartóks bis hin zur atmosphärischen Wucht von Mendelssohns Sinfonie überzeugten sowohl das Orchester als auch die Solistin Antje Weithaas mit technischer Brillanz und künstlerischer Ausdruckskraft. Viele frohe Gesichter im Publikum. Ein schöner Konzertabend.

Dirk Schauß, 19. Dezember 2024

 

 

 

 

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