Wiesbaden, Staatstheater: Premiere von Wolfgang Amadeus Mozarts DIE ZAUBERFLÖTE am 3.12.2023
Die neue Zauberflöten- Produktion in Wiesbaden ist absolut sehen- und hörenswert.
Anastasia Taratorkina, Kai Kluge. Foto: Monika und Karl Forster
UWE ERIC LAUFENBERG führt selbst Regie und zeigt die große Oper unverstaubt und trotzdem klassisch ganz nah am Libretto. Nichts wird zurechtgebogen, fast alle Dialoge werden gesprochen, ohne dass das Werk zu langatmig wirkt.
Mit klarer szenischer Sprache zeigt er – unerschrocken von der heutigen Cancel-Kultur – die für unser heutiges Verständnis bitteren, in der Entstehungszeit herrschenden Ansichten über das Verhältnis Mann/ Frau, Herrscher/ Sklave und Europäer/ Afrikaner.
Aber Laufenbergs Regie geht es vor allem um die die humanistischen Ideale von Liebe, einer besseren Welt und gegenseitiger Versöhnung. Immer wieder werden Freund und Feind zusammen auf die Bühne gebracht, wie Feuer und Wasser, um dennoch zu einem großen Ganzen zu gehören.
ROLF und MARIANNE GLITTENBERG sind dabei erfahrende, geschmacks-sensible Ausstatter, die zum einen ästhetische, aus einem klassizistischen Grundraum entstehende Szenarien, zum anderen reizvolle, wohl proportionierte Kostüme gestalten. Mit den nicht übertrieben eingesetzten Videosequenzen (Gerard Nazri) und dem hervorragenden Licht ( ANDREAS FRANK) ergibt das alles ein gelungenes Miteinander, in dem sich die Figuren blendend entfalten können.
Das Niveau des Sängerensembles ist erlesen erstklassig, und jeder der Protagonisten könnte auch am größten Opernhaus in seiner jeweiligen Rolle glänzen.
ANASTASIA TARATORKINA, die letzte ARD- Gesangsweittbewerbsgewinnerin, gibt ihrer Pamina einen unerschrocken, aktiven Charakter und singt in einer mühelosen Art und Phrasierungskunst, die ihresgeleichen sucht. KAI KLUGE ist ihr ein ebenbürtiger Partner als Tamino. Mit lyrischem, aber auch zum Beispiel in der Sprecherszene dramatischem Gestus klingt sein kradftvoller Tenor einnehmend und er gestaltet dazu hochmusikalisch.
Die Österreicherin BEATE RITTER ist eine Traumkönigin. Unforciert und absolut koloratursicher tönt sie vollstimmig in ihren beiden Arien und kann dabei das gefürchtete hohe F noch schwingen lassen.
Sarastro wird von YOUNG DOO PARK mit sattem, profundem Bass gesungen. Ihm wie ein paar anderen Kollegen hätte man einige deutsche Zungenbrecher im Dialog ersparen können.
Lena Haselmann, Johannes Martin Kränzle. Foto: Monika und Karl Forster
Im Zentrum der Aufführung steht der Papageno von JOHANNES MARTIN KRÄNZLE: ein sympathischer Paradespielmacher wie aus dem Bilderbuch, der mit raumfüllendem, dabei flexibel-weichem Bariton und sehr nuacierter Farbigkeit in Wort und Ton all sein Können ausspielen kann. Ihm hervorragend zu Seite steht LENA HASELMANNs Papagena. Sie spielt den Part des alten Weibes ohne krächzendem Klischee und im Duett ergänzen sich beide prächtig.
Hervorzuheben sind die drei vokal bestens abgestimmten Damen (VERA IVANOVIC, FLEURANNE BROCKWAY und ROMINA BOSCOLO) und der stimmlich und szenisch souverän gestaltende KS. THOMAS DE VRIES als Sprecher. RALF RACHBAUER als anderer Priester besitzt feinen Wortwitz. Beide sind auch die Geharnischten in der Feuer/Wasserszene. CHARLES MARCUS ANDERSON kann bei diesem hohen Niveau gar nicht mitsingen, wenngleich er sich szenisch bemüht, einen servilen Monostatos auf die Bühne zu bringen. Sein Tenor ist zu schmal für diese Bühne. Die drei Limburger Domsingknaben sind klar und überzeugend bei Stimme. Sie wirken wie auch der Chor des hessischen Staatstheaters, der stimmlich glänzt, leicht unterinszeniert.
KONRAD JUNGHÄNEL hat in Wiesbaden inzwischen alle Mozart-Opern erarbeitet. Das Staatsorchester versteht seine historisierende Lesart dadurch bestens und hat in den agilen Passagen wie in der sehr schnell genommenen Ouvertüre fein-nervige Momente. Junghänels scharfe Akzentuierungen unterbrechen jedoch gelegentlich Mozarts Melodik. Insgesamt ist die musikalische Seite auch in den Ensembles fein abgestimmt und von erster Güte.
Der Intendant Uwe Erik Laufenberg hat es sich mit der lokalen Presse verscherzt und die schlägt nun von Produktion zu Produktion zurück.
Hier bleibt zu attestieren, dass diese Zauberflöte szenisch wie vokal eine rundum gelungene und hochklassige Produktion ist, wie auch das einhellig jubelnd- bis applaudierende Publikum dies dankend empfand.
Christian Konz
Einige Fotos: https://www.staatstheater-wiesbaden.de/programm/spielplan/die-zauberfloete/