TadWMacbeth 24.11.2016 (Premiere der Fassung 1865 am 11.11.2016) –
Roberto Frontali, Adina Aaron. Copyright: Herwig Prammer
Die Inszenierung unterscheidet sich von der bereits besprochenen lediglich in der Besetzung von Macbeth und seiner Lady. Nachzutragen wären allerdings die Namen der beiden zu Beginn der Oper in ihrem Glaskasten herumwieselnden Ratten. Laut Programmheft tragen die possierlichen Nager die prominenten Namen „Dolly Buster“ und „Norah Jones“… Im Übrigen ging Hausherr und Regisseur Roland Geyer mit Shakespeare bzw. mit dem Libretto von Francesco Maria Piave und Andrea Maffei recht willkürlich um, indem er die Szenerie zu Beginn der Oper in ein Varieté anstelle eines Waldes verlegte.
Adina Aaron, Roberto Frontali. Copyright: Herwig Prammer/ Theater an der Wien
Roberto Frontali verfügt zweifellos über ein gewaltiges baritonales Stimmmaterial, das allerdings vor der Pause nicht gerade mit feinem Timbre ausgestattet war. Nach der Pause allerdings klang der Sänger wie ausgewechselt und lief zu beeindruckender Hochform auf. Und in dieser Inszenierung wurde er von Regisseur Geyer als eher schwacher, völlig dem Willen seiner Gattin unterworfener Ehemann vorgeführt. Und wen wundert das bei den Reizen seiner dunkelhäutigen Lady Adina Aaron mit Modellmaßen. Das Timbre ihres Soprans war für die Lady fast zu „schön“, allerdings fiel auf, dass sie die Spitzentöne eher von unten ansang, wodurch sie sich zumeist um einen Halbton zu tief anhörten. Sie entledigt sich ihres irdischen Daseins bühneneffektvoll durch Suizid, der besser zu Delibes‘ Lakmé oder Amilcare Ponchiellis La Gioconda passt.
Der slowakische Bass Stefan Kocan sang den Banco an diesem Abend vielleicht noch eine Spur eindringlicher als ich ihn vier Tage zuvor erlebt hatte. Der 1977 geborene mexikanische Tenor Arturo Chacón-Cruz trug seine Macduff-Arie im vierten Akt wieder mit Verve vor, wobei kleinere Unsauberkeiten zugunsten des positiven Gesamteindruckes nicht sonderlich ins Gewicht fielen. Der in Kolumbien geborene lyrische Tenor Julian Henao Gonzalez hatte als Malcolm an diesem Abend deutlich hörbare Intonationsprobleme. Die polnische Mezzosopranistin Natalia Kawalek hob sich bereits stimmstark im Sextett am Ende des ersten Aktes als Dama di Lady Macbeth aus den übrigen Protagonisten heraus. Der österreichische Bariton Andreas Jankowitsch erfüllte die Doppelrolle als Medico Sicario und als erste Erscheinung aus dem Orchestergraben singend mit Aplomb. Die zweite Erscheinung sang Manuel Haumer mit glockenhellem Knabensopran aus dem Graben. Anton Zabsky und Fabian Rihl wirkten in den kleineren Rollen alsDuncano und Fleanzio mit. Leonie Brandel, Mitglied des jungen Ensembles des Theaters an der Wien, trat am Ende der Oper noch in der stummen Rolle eines Mädchens, gemeinsam mit Fleanzio, auf. Der von Erwin Ortner besteinstudierte Arnold Schönberg-Chor durfte die Szenerie wieder als Hexen und Soldaten in einer ausgefeilten Choreographie von Peter Karolyibeleben. Der Zampano am Pult der Wiener Symphoniker war wiederum Bertrand de Billy, der einen schroffen, grellen, zeitweise sogar brutalen Verdi zelebrierte, bedacht darauf, dass die lyrischen Passagen nicht allzu gefühlsmäßig ausarteten.
Der Applaus am Ende der Aufführung sollte seiner Zugangsweise zu Verdis Nachtstück Recht geben, denn es gab wieder zahlreiche Bravorufe, die in erster Linie den Solisten, dem Chor und dem Orchester der Wiener Symphoniker unter dem gefeierten Dirigenten des Abends galten.
Harald Lacina