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WIEN/Staatsoper Publikumsgespräch mit Direktor Meyer 13.Juni 2015

Nach den Publikumsgespräch von Fragestellern umlagert: Dominique Meyer

Nach den Publikumsgespräch von Fragestellern umlagert: Dominique Meyer

Publikumsgespräch in der Wiener Staatsoper

Dominique MEYER
und Thomas PLATZER stellen sich dem Publikum

Wiener Staatsoper – Mahlersaal     13.Juni 2015

 

Einleitend berichtet Dominique Meyer von der gelungenen Generalprobe des „Tempest“, sie war „irrsinnig schön“, mit einer Musik die „direkt Emotionen schafft“ und zum „Klang der Philharmoniker passt“! Dass diese im Anschluss daran noch zu zehn zusätzlichen Probeminuten bereit waren, zeigt das Interesse und die Verbundenheit des Orchesters zu dem Komponisten Thomas Adès und dieser Musik, jedenfalls waren „alle Beteiligten nach der Generalprobe glücklich“.

Dann holte der Direktor zum Thema „Ring“ aus, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass die Wiener Staatsoper zwei Ring-Durchgänge inmitten des Repertoirebetriebes schaffte, „ohne in Schieflage“ zu geraten oder den Betrieb um die Serien herum stillzulegen, wie es in anderen Häusern notwendig ist.

Kritik konzentrierte sich auf die Hörnerneinsätze im Rheingold. Der Hornsolist hatte sich die Hand gebrochen und verursachte eine Umbesetzung in der Gruppe, was leider zu hörbaren „Ketteneffekten“ führte.

Der Idee eines Spezialisten (Es handelt sich bei diesem um den direktoralen Vorgänger Meyers und dessen jüngsten Meinungsbeitrag in einem Interview in der Tageszeitung KURIER), überhaupt ein eigenes Opernorchester zu gründen, stößt auf wenig Verständnis beim Chef des Hauses: Welches Orchester könne heute mit nur sieben Orchesterproben in dieser Qualität in den Ring einsteigen, welches Orchester steht für den Repertoirebetrieb von nahezu 60 Stücken – darunter mehrere neue Stücke – und mit der bekannt geringen Anzahl von Proben – darunter einige Werke sogar ohne Probenotwendigkeit – zur Verfügung.

(Anmerkung: Die derzeitige Situation verbindet mit vertraglicher Regelung und personeller Verflechtung die beiden Organisationen Orchester der Wiener Staatsoper und die Wiener Philharmoniker d.Red.)

Auch zum Thema der Substituten in den Orchestern (In dem vorerwähnten Interview ebenfalls ein süffisant zelebriertes Kapitel) besteht Direktor Meyer auf eine Klarstellung.

Substituten werden nach Regeln eingesetzt, bei Gastspielen der Philharmoniker aufgeteilt auf die Fehlstellen in beiden Orchestern, also zu gleichen Anteilen!

Die Substituten sind erfahrene Spieler, in erster Linie aus dem Kreis der pensionierten Orchestermitglieder („Da kommen große Musiker zurück, die wir mit Handkuss nehmen“) und aus dem Kreis des Bühnenorchesters, wobei die Mitglieder der Bühnenmusik von der selben Jury ausgewählt werden, die bei der Musikerauswahl für das andere Orchester dabei sind. Werden junge Musiker eingeschult, sitzen diese jedenfalls neben erfahrenen Musikern. „Es ist ein gutes System und es wird immer nach den besten Möglichkeiten gesucht, erforderliche Substituten einzusetzen. “Ich erledige diese Probleme durch Gespräche in meinem Büro im Haus und nicht mit großen Zeitungsinterviews“ kann sich Meyer als Seitenhieb nicht verkneifen.

 Die Saison klingt mit Giovanni, Cardillac und dem vom Pech verfolgten Rigoletto aus. Das Regieteam und der Komponist, Thomas Adès haben für die noch ausstehende Premiere des „Tempest“ alles getan, um eine Besetzung aus dem Hausensemble zu ermöglichen, Ausnahmen sind die Partien des mit akrobatischen Einlagen versehenen Ariel mit dem hohen Sopran Audrey Luna und dem in Wien schon bekannten Countertenor David Daniels. (Zu Letzterem siehe in den Interviews im Online-MERKER     )

 Nicht ohne die „so ausgeglichene Persönlichkeit“ des „weltbesten“ kaufmännischen Geschäftsführers Thomas Platzer zu loben, kommt Meyer auf das Pekuniäre zu sprechen:

Die Einnahmen liegen mit rund zwei Millionen über Soll, die Sitzplatzauslastung ist mit 99,4% weiterhin stabil, und mit einer Erhöhung der Kartenpreise würde das Verhältnis der Anzahl lokaler Besucher zu angereisten Besuchern – diese liegen bei etwa 30% der Kartenkäufer – aus dem Gleichgewicht bringen, denn die Nachfrage aus dem Ausland ist groß, auch von den diversen Wagner-Verbänden.

Weiterhin gibt es viele Anfragen nach Gastspielen, Japan ist wieder in Vorbereitung mit Walküre, Rosenkavalier, Figaro und der Kinder-Zauberflöte. 350 Mitglieder des Hauses sind da, ohne Störung des Gesamtbetriebes, unterwegs.

Nächste Saison ist ein Werther in Oman geplant, Pläne gibt es für den Europäischen Raum mit kurzen Gastspielauftritten, der Tristan wird in Barcelona aufgeführt und Gastauftritte von Ensemblemitgliedern sind auch heuer wieder bei allen Festivals nachgefragt.

 Ein Fotobuch über die schon historisch-aktuelle Tosca ist aufgelegt, geplant sind als nächstes eines für Boheme und eines für den Rosenkavalier.

 Nach dem Freiwerden der Rechte nach den Erben von Claudio Abbado wird ein Mitschnitt des Maskenballs mit Pavarotti herauskommen, die Fanciulla des Hauses ist ebenfalls zu erwarten.

 Auf DVD ist eine Ariadne unter Thielemann in Vorbereitung, aufgezeichnet in der hohen Qualität des Life-Streams und mit dem Equipment des Hauses, d.h. Kameraeinstellung und Schnitt erfolgt nach den Erwartungen eines Opernbesuchers und nicht nach artifiziellen Merkmalen eines Filmregisseurs oder einer Sportveranstaltung.

Bei ORFEO erscheint auch ein Portrait von Nina Stemme.

 

Der FRAGENTEIL behandelte zunächst die Kartenpreise, deren Erhöhungen unter der Inflationsrate liegen. Tatsächlich hinkt die Höhe der Subvention nach, die Pariser Oper kann über eine Subvention von ca. 120 Millionen verfügen, die Staatsoper muss mit rd. 50 Millionen auskommen und hält trotzdem Ihren hohen Standard Anzahl der Aufführungen und dem Angebot an Künstlern. Auch die hohe Nachfrage soll nicht Anlass einer Erhöhung werden.

Einzig die Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes muss an die Kartenkäufer weitergegeben werden, ein Betrag je Saison immerhin in der Höhe von rd. Einer Million Euro, das sind die Kosten einer ganzen Produktion.

Den Rest der Fragen betrafen persönliche Animositäten von Besuchern, deren Lösung kaum im Bereich der Direktion liegen. Oder soll der Direktor selbst für Zustände auf dem öffentlichen Gut vor der Oper sorgen? Etwa die Forderung nach einem Rauchverbot vor der Übertragungsleinwand, oder Eindämmung kostümierten Kartenverkaufes) oder das Einschalten von Handys während der Aufführung. (Anm.d.Red.: Hier ist allein die Courage der Umsitzenden gefragt, das einstellen zu lassen).

„Es gibt Momente, in denen man weiß, dass es keine guten Lösungen gibt“ so der Direktor.

 Mit dem Hinweis auf den immerhin hohen Stellenwert Sir Simon Rattles als Chef der Berliner wies Meyer einen Vorwurf zurück, diesen Dirigenten für den Ring engagiert zu haben, auch verwies er auf viele neue und schöne Sichtweisen innerhalb dessen Interpretation. Und mit der Aufzählung der Auswahl an Dirigenten versuchte Meyer eine Dame im Publikum zu überzeugen, dass deren Abwesenheit in der Staatsoper wegen des Fehlens zweier ihrer Dirigierlieblinge ein überspitztes (so in etwa) Argument wäre.

Peter Skorepa
Online-MERKER

 

 

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