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Wiener Staatsballett: Und nun, die Qualitäten des neuen Chefs …. ?

29.05.2023 | TANZ-NEWS

Wiener Staatsballett: Und nun, die Qualitäten des neuen Chefs …. ?

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Die Direktionszeit des Schweizers Martin Schläpfer als Ballettchef in den Bundestheatern ist nicht so gelaufen, wie von den für das Engagement Verantwortlichen künstlerisch wohl etwas hilflos gedacht war. Zuerst schon einmal bereits vor Schläpfers Start in Wien setzte die Flucht mehrerer exzellenter TänzerInnen vor dessen eigenartiger und stilistisch stark eingeschränkter choreographischen Manier ein. Dann diesbezüglich wie auch der Programmierung wegen ist die Ablehnung durch viele mitlebende Wiener Ballettliebhaber wie von Fachjournalisten dazu gekommen. Und auch von seinem Vorgänger, von Manuel Legris, der in zehn Jahren das Wiener Staatsballett auf Hochglanz gebracht hatte, war aus seinem derzeitigen Sitz, der Mailänder Scala, zu hören: Sein von ihm so erfolgreich aufgebautes Ensemble sei zerschlagen worden. Leider, kurz gesagt: Schläpfers Abgang nach Ablauf seines Vertrages wird von so manchen Mitgliedern der Kompanie nicht bedauert.

Ausgeschrieben von den Österreichischen Bundestheater ist nun die neue künstlerische Leitung. Recht trocken verfasst. Kein Hinweis auf kreative Zielrichtungen. Bewerbungen bis Ende Juli, Hearings im September; Gestaltung von etwa 50 Ballettabenden in der Staatsoper, 30 in der Volksoper; 101 TänzerInnen seien für Staatsoper wie Volksoper im Dienst. Stolz sagt man: Sie kommen aus 31 Ländern. Weniger stolz wird verschwiegen: Wie viele Österreicher befinden sich zur Zeit im heimischen Engagement …. Null? Nun, nicht so ganz. Doch auch dies weist einmal mehr auf all das Versagen in der derzeitigen österreichischer Geisteshaltung wie der Erziehungs- und Kulturpolitik hin.

Gewisse Qualitäten und bemüht exakte Arbeit darf man Schläpfer nicht absprechen. Zu merken auch in der Wiederaufnahme des dreiteiligen „Begegnungen“-Programmes für die Volksoper. Jedes Stück mag sehenswert sein. Doch Schläpfers „in sonne verwandelt“ lässt sich wohl nur auf Beethovens 4. Klavierkonzert beziehen. Manch elegante choreographische Attitüden und Einfälle, doch kein Sonnenfenster öffnet sich. In Andrey Kaydanovskiys „Lux umbra“ (gut untermalende Musik von Christof Dienz) ist das Fenster aus der Dunkelheit in eine ersehnte frei Welt sehr wohl eine originelle Idee – doch auch nicht mit so positivem Ausgang. In die abgehobene Atmosphäre des klassischen Balletts lässt Routinier Alexei Ratmansky achte feine Solisten zu 24 feinen Klavier-Préludes (hier orchestriert) von Frédéric Chopin schweben. Für das Publikum erlaubt dies eine sichere Landung in romantischem wie heutigem Wohlbefinden.

Wie die Bundestheater mit neuem Ballettdirektor vielleicht landen könnten? So ein richtiges Wohlbefinden gewährt dieser körperlich harte Job eines Tänzers im Ballettsaal – und dazu dem Chef ausgeliefert zu sein – nicht. Große Ballettschöpfer der jüngeren Generation? Drängen sich nicht auf, fehlen wohl. Wer könnte heranwachsen? Und über den besten Kandidaten für die Nachfolge in Wien zu spekulieren? Schläpfers Ernennung damals ist jedenfalls eine völlige Überraschung gewesen …..  

Meinhard Rüdenauer     

 

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