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WIEN/ "Wien modern" – Rabenhof-Theater: „WHATEVER WORKS“. Uraufführung von beklemmender Aktualität

08.11.2015 | Oper

Wien modern: Rabenhof Theater

EINE URAUFFÜHRUNG VON BEKLEMMENDER AKTUALITÄT: „WHATEVER WORKS“ IM RABENHOF-THEATER(7.11.2015)

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Copyright: Nurith Wagner-Strauss

Der Erfolg war uneingeschränkt, die Stimmung bestens und doch: das Lachen blieb einem immer wieder im Halse stecken. Im Stück „Whatever Works“ mit Musik von Manuela Kerer und Arturo Fuentes (Text von Dimitré Dinev nach einer Idee von Michael Scheidl) geht’s um die mediale und politische „Vereinnahmung“ von Katastrophen-Hilfe und Flüchtlingsströmen, um internationale Hilfsaktionen und lokale Spendenaktionen, die zur Image-Verbesserung von angeschlagenen Politikern herhalten sollen. Im Mittelpunkt die  eher biedere Außenministerin eines nicht deklarierten Landes, das TV-Aktivitäten im Zusammenhang mit einer schrecklichen Tsunami-Katastrophe startet.

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Sarah Maria Sun, Shira Karmon. Copyright: Nurith Wagner-Strauss

Sarah Maria Sun ist eine stimmlich überzeugende, bodenständige Polit-Realistin, die ehrliche Hilfe  – wie etwa drei große Lastwagen – aufzutreiben versucht. Ihre  gewiefte, blonde Gegenspielerin ist die UN-Hochkommissarin für Katastrophenhilfe, von Shira Karmon mit viel Charisma und vokaler Intensität dargestellt. Sie kocht alle ein, agiert  brillant und rührt die Zuseher zu Tränen –  dabei geht’s ihr  nur ums Image, die humanen Phrasen sind schlicht und einfach telegen. Die beiden Damen dominieren jedenfalls das Stück, das als Realsatire in Slap-Stick-Art angelegt und mit geringem Personalaufwand auskommen muss: Das Ensemble PHACE lässt 5 Herren und 1 Dame mit Lauten, Gitarren, Flöten, Violinen, Cello, Posaune und Percussion eine regelrechtes Orchester entstehen (Dirigent: Simeon Pironkoff). Der Chor der Opfer, der Piraten und Spender wird von 5 Vertretern fast aller Stimmgattungen des ENSEMBLE ARCANTUS verkörpert. Dazu kommen noch Statisten und Solisten mit Kurzauftritten, unter denen vor allem Stefan Bleiberschnig als „Lustobjekt von Umma“ und Martin Busen als „Hilfe-Suchender“ in Erinnerung bleiben. Die Komponisten der einzelnen Szenen wechseln ab. 5 (Schlüssel-)Szenen werden von der in Südtirol geborenen Manuela Kerer geschrieben. 9 Szenen stammen vom Mexikaner Arturo Fuentes. Ihre Musik erinnert an Olga Neuwirth oder Kurt Schwertsik, er scheut nicht vor Zitaten von „Ohrwürmern“ wie der Habanera (Carmen) zurück. Insgesamt entstand ein kurzweiliges Stück mit tagesaktueller Brisanz. Die 14 Szenen dauern insgesamt 80 Minuten. Die Regie des NETZWERK-Gründers Michael Scheidl (Ausstattung Nora Scheidl, Licht Norbert Joachim) ist phantasiereich und trifft immer wieder ins Volle. Und wenn Michael Scheidl zuletzt den Schlussapplaus moderiert, kann er sicher sein, eine wirklich erfolgreiche Uraufführung zustande gebracht zu haben. Am Ende fahren keine großen Lastwagen sondern Luxus-Limousinen und im Wüstensand werden dicke Anoraks geliefert. Aber die Fernsehrede der Hochkommissarin „dringt in die Tiefen des Herzens“. Man wird diesem Stück bald wieder begegnen. Nicht nur bei „Wien modern“!

Peter Dusek

 

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