Musiktheatertage Wien: Opern-Uraufführung: „The Butt“ von Susannah Self (Vorstellung: 2. 9. 2016)
Szenenbild aus der Oper „The Butt“ von Susannah Self (Foto: Martin Wenk)
Im Rahmen der Musiktheatertage Wien (30. August bis 11. September 2016), die ein reichhaltiges musikalisches Programm bieten, fand Anfang September im Werk X (Oswaldgasse, 1120 Wien) die Uraufführung der Oper „The Butt“ von Susannah Self statt. Das Libretto verfasste die Komponistin nach der gleichnamigen Novelle ihres Cousins Will Self, der zu den erfolgreichsten britischen Schriftstellern des 21. Jahrhunderts gezählt wird.
Die Handlung der Oper, deren Produktion in Kooperation mit Selfmade Music (UK) entstand, in Kurzfassung: Tom Brodzinski wollte eigentlich nur mit dem Rauchen aufhören. Als er den Zigarettenstummel vom Balkon seines Hotels wirft, hat das fatale Folgen, denn sein noch brennender Stummel trifft einen älteren Mann auf dem unteren Balkon. Weil der Geschädigte nur mit einer kleinen Brandblase davonkommt, scheint trotz des strengen Rauchverbots auf dem exotischen Eiland der Ärger bald verpufft. Doch als der Mann wenig später in Lebensgefahr schwebt, beginnt für Tom eine Odyssee durch das Land und das Netz einer undurchsichtigen Justiz. Die anspielungsreiche Satire schlägt eine Volte nach der anderen. Nach einer Reihe kafkaesker Begegnungen in einem Prozess gegen ihn wird Tom, der scheinbar eine Flucht aus dieser Welt anstrebt, zuletzt sogar ein Auge herausoperiert. Warum? Das zu beurteilen, blieb dem Publikum überlassen.
Die einzigen Requisiten auf der Bühne waren ein rotes Auto und eine Matratze (Foto: Martin Wenk)
Regisseur Thomas Desi, der auch für die Gestaltung der Bühne zuständig war, bot eine komisch-burleske Inszenierung mit Tanzeinlagen, die vom Sängerensemble recht ordentlich bewältigt wurden. Außer einem roten Auto und einer Matratze blieb die Bühne leer. Die von ihm eingesetzten Videosequenzen waren entbehrlich. Die farbenfrohen, bisweilen neckischen Kostüme gestaltete Anaelle Dézsy, für das Licht, das des Öfteren das Publikum blendete, zeichnete Stefan Enderle verantwortlich, für die Übertitel, die nur schwer lesbar waren, Elena-Alexandra Hutanu.
Das kleine Kammerorchester mit Klavier (Alex Wells), zwei Violoncellos (Michael Christie, Joe Davies) und Schlagwerk (Chris Brannick, der besonders gefordert war) wurde von der Komponistin Susannah Self sehr umsichtig geleitet.
Szenenbild aus der Oper „The Butt“ von Susannah Self (Foto: Martin Wenk)
Ausgeglichen besetzt zeigte sich das Sängerensemble. Die Hauptrolle des Tom spielte der Tenor Nicholas Buxton, der stimmlich wie schauspielerisch beeindruckte und seine „Opferrolle“ mit Demut trug. Die Rolle des „Doktor Von Sasser“ füllte die Mezzosopranistin Dawn Burns durch ihre wandlungsfähige Stimme und ihr ausdrucksstarkes Spiel gut aus. Als „Richter Hogg“ konnte die Sopranistin Catherine Joule gefallen, als „Schamanin“ die Mezzosopranistin Héloïse Mas. Die Rollen der „Atalya“ und der „Martha“ waren mit den Sopranistinnen Hazel Neighbour und Miriam Sharrad besetzt, die beide stimmlich durch extrem hohe Töne gefordert waren, die sie aber fast mühelos bewältigten. In den Chor- und Tanzszenen, die auch Schaukämpfe in Zeitlupe beinhalteten, bewiesen alle Sängerinnen enormes Bewegungstalent.
Das Publikum im Werk X, das von der Handlung sichtlich irritiert war – einige Zuschauerinnen verließen während der etwa eineinhalbstündigen Aufführung fluchtartig die Vorstellung –, spendeten dem Sängerensemble und den Musikern sowie der Komponistin einen kurzen, rasch endenden Höflichkeitsapplaus.
Udo Pacolt