Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

WIEN / Volkstheater: DORIS DAY, DIE LETZTE JUNGFRAU HOLLYWOODS

20.03.2014 | Theater

VT AB Doris Day x VT AB Doris Day mit Truhahn x
Alle Fotos: Lalo Jodlbauer

WIEN / Volkstheater in den Bezirken:
DORIS DAY, DIE LETZTE JUNGFRAU HOLLYWOODS von Andy Hallwaxx
Uraufführung
Premiere: 19. März 2014,
besucht wurde die Voraufführung

Die „Bezirke“-Schiene des Volkstheaters (keine Ahnung, warum „Außenbezirke“ eines Tages zum Unwort geworden ist!) ist zweifellos nur mit viel Mühe, Anstrengung und Aufopferung aller Beteiligter am Laufen zu halten. Also darf sie legitim nicht nur für das Bezirke-Publikum, sondern auch für die Mitglieder des Hauses da sein. Es ist klar, dass Doris Weiner, die hier tagaus tagein mit dem Team durch Wien rast und als Leiterin des Ganzen den Betrieb zusammenhält, jährlich mindestens eine große Rolle bekommt. Und das Volkstheater hat in Andy Hallwaxx nicht nur einen originellen Schauspieler, sondern auch einen Autor, dessen Interessens-Schwerpunkt bei der Populärkultur liegt. In seinem Stück „Doris Day, die letzte Jungfrau Hollywoods“ trafen seine Ambitionen und jene von Doris Weiner nun zusammen.

Doris Day, die heute alte Dame, die sich (wie Brigitte Bardot) von den Menschen ab- und den Tieren zugewandt hat, ist noch immer ein Begriff. Die Angaben über ihr Geburtsdatum schwanken, ist es 1922, ist sie schon 90, ist es 1924, dann wird sie es am 3. April. Im Gegensatz zu anderen „Sauberfrauen“, die damals auch die Leinwand bevölkerten (June Allyson, Debbie Reynolds), hat sie es im Hollywood Ende der fünfziger, Anfang der sechziger Jahre an die absolute Spitze gebracht. Immer so blond, immer so strahlend positiv, dabei, wenn man genau hinsieht, mit einem harten Kern und durchaus einer Portion Menschenverstand (das liegt auch in vielen ihrer Lustspielrollen – dramatisch abweichen wollte sie nur in dem Thriller „Mitternachtsspitzen“, das Abenteuer wurde nicht wiederholt).

Dass Doris Day privat – vier gescheiterte Ehen, darunter ein „Manager“-Gatte, der ihr ganzes Geld verjuxt hat – weniger glücklich war als auf der Leinwand, ist nicht unbedingt eine Neuigkeit, wenn Andy Hallwaxx es auch gerne so hinstellen möchte. Einen Querschnitt durch ihr Leben gibt er ganz geschickt angesichts einer Doris-Day-Show, wie es sie wirklich gab, und tatsächlich hatte Rock Hudson vor seinem AIDS-Tod Mitte der achtziger Jahre dort einen seiner letzten Auftritte. Also – Doris, Doris, Doris und zwei Männer, einer als Rock Hudson, einer als ihr Sohn Terry Melcher, und beide Männer übernehmen alle Männerrollen, die so anfallen (meist ohnedies nur Ehegesponse). Und Rock Hudsons Krankheit und Tod, sein angstvolles Verbergen der Homosexualität werden auch breit thematisiert.

Das ist ein Bilderbogen, der sprachlich mäßig gelungen scheint, die Pointen sehr absichtsvoll-vordergründig hingeknallt, aber er erfüllt seinen Zweck, denn es ergibt sich die Möglichkeit, viele Schlager von Doris singen zu lassen, und damit die beiden Herren nicht zu kurz kommen, sind auch sie gesanglich stark gefordert.

VT AB Doris Day alle 3 breit

Um die Wahrheit zu sagen: Dennis Kozeluh ist zwar optisch jeder Zoll kein Rock Hudson, aber ein sehr guter Sänger, und ob Martin Bermoser dem echten Terry Melcher gleicht, ist egal, den kennt ohnedies niemand, und auch er singt ausgezeichnet, abgesehen davon, dass das Englisch der beiden wirklich gut ist.

Die allseits geliebte Doris Weiner (mit schlechter Perücke, sie sieht weit mehr nach Anneliese Rothenberger damit aus denn nach Doris Day) hingegen ist keine gute Sängerin (und ihr Englisch ist auch nicht berühmt): Das heißt, sie „kann“ so weit singen, wie es Schauspieler erlernen, aber Doris Day war eine begnadete Sängerin mit einem ganz spezifischen Timbre und einer ganz bestimmten Attitüde, und nichts davon kann Doris Weiner mit dünnem Stimmchen vermitteln. Personifikationen großer singender Persönlichkeiten sind wirklich nur zu wagen, wenn man es „kann“ – wie die Bill und die Happel die Piaf „können“ oder Sona MacDonald die Dietrich. Aber Doris Weiner, die das blonde Muttchen Doris Day natürlich gut spielt, kommt der Frau und ihrer Ausstrahlung (man ist nicht fast ein Jahrzehnt lang einer der berühmtesten und best bezahlten Hollywood-Stars, wenn da nicht viel dahinter steckt) nicht einmal in die Nähe.

Da konnte auch Regisseur Andy Hallwaxx in der gelungen „Fernsehstudio“-Ausstattung von Hans Kudlich / Erika Navas (die viele Kostüme entwarf oder aus dem Fundus holte) nichts retten. Vorzüglich agierten im Hintergrund die Musiker Philippine Duchateau, Raphael Preuschl und Andrej Prozorov.

Aber letztendlich: Doris spielt Doris, Liebling ist Liebling, das Publikum freut sich an ihr und singt „Che sera, sera“ mit, der Zweck ist erfüllt. Das wäre aber auch der Fall, wenn das Ganze ein bisschen besser ausgefallen wäre…

Renate Wagner

 

Diese Seite drucken