Fotos: Lalo Jodlbauer
WIEN / Volkstheater in den Bezirken:
DIE WAHRHEIT von Florian Zeller
Premiere: 2. Oktober 2013
Ehebruch hat seine Regeln. Man betrügt, indem man lügt und verschweigt und in einen Veitstanz ausbricht, wenn man ins Netz der Widersprüche gerät. Angriff ist die beste Verteidigung, Ausweichen ein bewährtes Mittel. So geht der gewissermaßen „ehrliche“ Ehebrecher vor. Jene Leute, die betrügen und in diskretem Einverständnis darüber hinweggehen, machen es einfach nicht richtig.
Das ist die Meinung von Michel, dem Helden der Komödie „Die Wahrheit“ von Florian Zeller, der trotz seines deutschen Namens ein waschechter Pariser ist. Dass ihm mit „La Vérité“ ein Boulevard-Hit gelungen ist, spricht nicht für den Qualitätsanspruch des Genres. In Wien hätte so was früher höchstens die Kleine Komödie gespielt, und auch dort wäre es als schwächlich erachtet worden. Nun gibt das Volkstheater in den Außenbezirken dem Publikum damit Zucker, und die Lacher kommen, immerhin. Ehebruch funktioniert schließlich immer – das heißt, im Leben nicht unbedingt, im Theater auf jeden Fall.
Überraschungen gibt es keine: Wenn Michel mit Alice, der Frau seines besten Freundes Paul, ein Verhältnis hat, funktioniert sein Männerhirn dahingehend, dass sich sein schlechtes Gewissen nicht auf die eigene Gattin Laurence bezieht, auch nicht auf die recht oberflächlich benützte Geliebte, sondern nur auf deren Gatten in seiner Eigenschaft als „bester Freund“ – Männer sind offenbar so. Dass sich dann nach viel sinnlosem Gerede herausstellt, dass Michel nicht der einzige Ehebrecher ist, sondern nur der uneleganteste, hat man sich über seine empörten Ausbrüche – am Ende sind an allem die anderen schuld, wenn es nach ihm geht – gerade ein bisschen amüsiert. Sieben Bilder, die in zwei Stunden vorüberfliegen. Und eigentlich nur für den Hauptdarsteller eine ordentliche Rolle bieten.
Doris Weiner, Leiterin der Außenbezirkstournee des Volkstheaters, inszenierte selbst und ließ sich Martina Tscherni schnell zu verwandelnde Schauplätze bauen, wobei das bühnenfüllende Bild eines Tennisplatzes den Hintergrund bildet: Offenbar hat es mit Männerfreundschaft zu tun, wer wen im Tennis gewinnen lässt – und sich dabei ungemein edel vorkommt… Die Kostüme von Aleksandra Kica tun nicht viel für die beteiligten Damen.
Roman Schmelzer war am Volkstheater meist „dramatisch“ zu sehen, jetzt darf er als hektisch-hysterischer Held durch alle Szenen des Stücks rasen, was allerdings eher einförmig bleibt. Im Gegensatz dazu ist sein betrogener Freund Paul in Gestalt von Paul Matić von geradezu souveräner Gelassenheit. Pippa Galli gibt die Geliebte, Martina Stilp, Stiefkind des Stücks, die Ehefrau. Für solche Rollen geht man nicht zum Theater.
Unterhaltung war’s am Ende doch, allerdings auf höchst bescheidenem Level.
Renate Wagner