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WIEN/ VOLKSOPER: ZAR UND ZIMMERMANN. Premiere

14.10.2018 | Oper

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Ilker Arcayürek, Carsten Süss, Mara Mastalir, Daniel Schmutzhard. Copyright: Barbara Palffy/ Volksoper

 

ZAR UND ZIMMERMANN – Premiere Volksoper-13.10.2018
(Heinrich Schramm-Schiessl)

Gustav Albert Lortzing ist der wichtigste Komponist der sogenannten deutschen Spieloper, die in den letzten Jahrzehnten in den Spielplänen der Opernhäuser ziemlich rar geworden ist. Eine der Ursachen kann sein, dass sie sich durch das zeitaktuelle Theater nicht so leicht verbiegen lassen und – horribile dictu – „nur“ der Unterhaltung dienen. Natürlich hat Lortzing auch schwächere Werke geschrieben, aber sowohl „Zar und Zimmermann“ als auch den „Wildschütz“ kann man durchaus als kleine Meisterwerke bezeichnen. Nach dem „Wildschütz“ vor eingen Jahren, der aber inzwischen wieder vom Spielplan verschwunden ist, hat die Volksoper nunmehr „Zar und Ziummermann“ wieder in ihr Repertoire aufgenommen, und kommt damit einer ihrer Kernverpflichtungen nach, nämlich dieses Genre entsprechend zu pflegen.

Die Handlung dieser Oper beruht auf einer wahren Begebenheit. Der russische Zar Peter I. hielt sich Ende des 17. Jahrhunderts inkognito in Holland auf, um dort den Schiffsbau in Augenschein zu nehmen um Erfahrung für den Aufbau einer eigenen Handelsflotte zu sammeln. Dieses Sujet wurde von mehreren Komponisten vertont, so auch von keinem Geringeren als Gaetano Donizetti („Il borgomastro di Saardam“). Geschrieben ist die Oper im Stil der französischen Opera comique bzw. des deutschen Singspiels, d.h. Musiknummern und gesprochene Dialoge wechsen einander ab. Das Werk ist voll von wunderbaren Melodien, man denke nur an die beiden Arien des van Bett, das Zarenlied, das Couplet „Lebe wohl mein flandrisch Mädchen“ oder den „Holzschuhtanz“. Es gibt aber auch tiefergehendes, wie den Monolog des Zaren im 1. Akt.

Der nunmehrigen Produktion ging von der Generlprobe ein guter Ruf voraus, den ich aber leider nicht teilen kann. Das beginnt bereits bei der Inszenierung. Der Regisseur erzählt zwar die Geschichte und belässt das Werk in Zeit und Ort, aber er misstraut ihm. Diese Oper ist per Se komisch und in gewisser Weise auch ironisch, aber Hinrich Horstkotte, der auch für Bühnenbilder und Kostüme verantwortlich ist, setzt noch eins drauf und bedient dabei nahezu alle Klischees die Holland betreffen. Er bezeichnet das als Ironie, aber eigentlich ist es Holzhammer. Warum dann der 3. Akt in einem Pflegeheim spielt, bleibt völlig unklar, offenbar nur um Rollstühle verwenden zu können, die ja im zeitaktuellen Theater nahezu unabdingbar sind. Das Bühnenbild erschöpft sich in einem gekachelten Einheitsrahmen – wann hört das bitte auf – in den dann für einzelne Szenen Versatzstücke eingeschoben werden. Die Kostüme waren bunt und größtenteils recht hübsch. Der beste Moment des Abends war der von Kindern getanzte Holzschuhtanz, der auch am heftigsten akklamiert wurde.

Dass der Abend nicht wirklich vom Fleck kam, lag allerdings in erster Linie am Orchester. Christof Prick, schon in seiner Staatsopernzeit nicht unbedingt mitreissend, ließ die Musik irgendwie dahinplätschern, ohne wirklich Aktzente zu setzen. Manche Stellen verschleppte er und es fehlt sehr oft an jenem Humor, der auf der Bühne zuviel war.

Von den Sängern ist in erster Liunie Lars Woldt als van Bett zu nennen. Er stellte eine saft- und kraftvolle Figur dar und war auch stimmlich, von kleinen Schwächen abgesehen, mehr als zufriedenstellend. Warum man ihn in so ein unmögliches Kostüme gesteckt hat, blieb unklar. Sehr angetan war ich diesmal vón Carsten Süss als Peter Iwanov. Im Gegensatz zu seinen Operettenrollen bot er hier stimmlich eine tadellose Leistung. Auch darstellerisch war er sehr lebendig. Mara Mastalir war als Marie hübsch anzusehen und auch spielerisch liebenswert. Allerdings ist ihre Stimme zu soubrettig, diese Rolle gehört von einem lyrischen Sopran gesungen.

Einigermaßen enttäuscht war ich von Daniel Schmutzhard als Peter Michailow. Darstellerisch war er zwar durchaus präsent, aber stimmlich hatte ich mir wesentlich mehr erwartet. Vieles klang fahl und flach und irgendwie kam die Stimme nie wirklich zum Klingen. Möglicherweise war er nicht gut disponiert, aber da er sich nicht ansagen ließ, kann man das nicht berücksichtigen. Enttäuschend auch der Hausdebutant Ilker Arcayürek als Marquis von Chateauneuf. Die Stimme wäre timbremäßig für diese Rolle ausgezeichnet geeignet, aber wie er sang, blieben viele Wünsche offen. Die übrigen Mitwirkenden erfüllten ihre Aufgaben unterschiedlich. Gut der von Thomas Böttcher einstudierte Chor.

Ziemlich quälend ist der Umstand, dass es nach jedem Akt eine Pause gibt und dadurch der Abend auf fast dreieinhalb Stunden gedehnt wird.

Während der Aufführung gab es meist eher matten Applaus und auch am Ende gab es, abgesehen von den üblichen Jublern, auch keine besondere Steigerung. Den größten Applaus bekam, für mich nicht nachvollziehbar, das Regieteam.

Heinrich Schramm-Schiessl

 

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