ROXY UND IHR WUNDERTEAM – Premiere Volksoper am 11.9.2021
Copyright: Wiener Volksoper
(Heinrich Schramm-Schiessl)
Der Begriff „Wunderteam“ hat in Österreich mystischen Charakter. Darunter versteht man jene Fussballnationalmannschaft die erstmals am 16.Mai 1931 in dieser Formation antrat und Schottland in Wien 5:0 besiegte und daraufhin in 12 Spierlen hintereinander unbesiegt blieb.
Die ungarische Urfassung des Werkes trug noch den Titel „3:1 für die Liebe“ und handelt von einer siegreichen ungarischen Wasserballmannschaft.
Für Wien änderten Alfred Grünwald (Libretto) und Hans Weigel (Gesangstexte) wohl unter dem Eibndruck der Erfolge des Wunderteams die Handlung insoweit, als es sich nun um eine Fussballmannschaft handelt. Unter dem Titel „Roxy und ihr Wunderteam“ wurde es mit großen Erfolg im März 1937 im Theater an der Wien uraufgeführt.
Der Komponist Paul Abraham (geb. am 2.11.1892 in Apatin/Ungarn) war in den 1930er-Jahren vor allen Dingen in Berlin sehr erfolgreich, ehe die Machtergreifung der Nationalsozialisten wie bei so vielen Künstlern seiner Karriere ein jähes Ende setzte. Er ging zunächst nach Wien und als auch dort die Nationalsozialisten die Macht übernahmen flüchtete er über Frankreich und Kuba nach New York. 1956 kehrte er nach Deutschland zurück, wo er am 6.5.1960 in Hamburg starb. Seine wichtigsten Werke waren „Viktoria und ihr Husar“, „Die Blume von Hawai“ sowie „Ball im Savoy“, die auch in der Volksoper immer wieder gespielt wurden.
Die Handlung ist rasch erzählt. Roxy, die Nichte eines schottischen Mixed-Pickles-Fabrikanten flieht von ihrer Hochzeit an den Plattensee und trifft dort auf die ungarische Nationalmannschaft, die sich am Landgut des Vereinspräsidenten auf ein entscheidendes Spiel vorbereitet. Ihr besonderes Interesse gilt dem feschen Mittelstürmer Gjurka. Dadurch, dass auch die Mitglieder eines Mädchenpensionats dort eintreffen, kommt es zu einigen Verwicklungen. Am Ende gewinnt die ungarische Mannschaft das Spiel gegen England und auch privat gibt es ein Happy-Ende.
Es ist nun natürlich amüsant, das dieses Werk ausgerechnet zu dem Zeitpunkt in Wien gezeigt wird, an dem der österreichische Fussball sehr sehr weit von einem Wunderteam entfernt ist. Nun das Werk ist kein grosser Wurf und daher durchaus zu Recht in der Versenkung verschwunden. Die Musik von Paul Abraham ist nicht besonders originell und manchmal nimmt er Anleihen nicht nur bei sich selbst, sondern durchaus auch bei anderen Komponisten. So ist z.B. das Couplet des Cheswick sehr ähnlich der „Letzten Rose“ aus „Martha“.
Im Grunde ist das Werk weniger Operette als schon eher ein Musical, zumindest in der dieser Aufführung zu Grunde liegenden Bearbeitung von Kai Tietje, der auch selbst dirigiert und für einen durchaus erfrischenden Orchesterklang sorgt. Die Aufführung ist jedoch sehr gut gelungen. Die Handlung schnurrt mit großem Tempo und sehr schwungvoll ab. Die Inszenierung von Andreas Gergen verzichtet auf irgendwelche Hinterfragungen oder Aktualisierungen und bietet einfach gutes Unterhaltungstheater. Lediglich die Dialoge hätte man etwas straffen können.
Das Bühnenbild von Sam Madwar ist praktikabel und ermöglicht rasche Verwandlungen. Auch er verwendet Videos (Andreas Ivancsics), aber vernünftig und sinnvoll. Mit ihnen zeigt er den Hintergrund, so dass man immer weiß, wo eine Szene spielt. Die Kostüme von Alexandra Kica sind durchwegs hübsch und kleidsam.
Großartig die Choreographie von Francesc Abós.
Auch mit den Darstellern konnte man rundum zufrieden sein. Katharina Gorgi ist eine unglaublich lebendige und einnehmende Roxy, die auch sehr ordentlich singt. Jörn-Felix Alt macht als Mittelstürmer Gjurka ebenfalls ausgezeichnete Figur und kann auch stimmlich überzeugen. Juliette Khalil als Ilka, Theresa Wollnitzke als Marika, Peter Lesiak als Tormann Hatschek und Oliver Liebl als Geza waren ebenfalls stimmlich und darstellerisch sehr gut.
Wunderbar diesmal auch Robert Meyer als Mixed-Pickles-Fabrikant Sam Cheswick, der auf der Bühne sehr präsent ist und im Spiel darauf verzichtet zu outrieren. Michael Havlicek als dümmlicher verlassener Bräutigam Bobby und Julia Koci als hinreissende gestrenge Lehrerin runden gemeinsam mit einer weiteren Anzahl von Darstellern kleinerer und kleinen Rollen die großartige Ensembleleistung ab.
Großartig auch der Jugendchor (Einstudierung Lucio Golino und Brigitte Lehr) dem auch tänzerisch einiges abverlangt wird.
Gesamt gesehen ein ausgezeichneter Premierenauftakt der letzte Saison von Direktor Meyer, der vom Publikum entsprechend bejubelt wurde.
Heinrich Schramm-Schiessl