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WIEN/ Volksoper: „LASS UNS DIE WELT VERGESSEN“ – retour in eine Schreckenszeit (

14.12.2023 | Oper in Österreich

Volksoper: „LASS UNS DIE WELT VERGESSEN“ – retour in eine Schreckenszeit (14.12.2023)

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Foto: Wiener Volksoper/Pallfy

Kreatives Musiktheater. Künstlerisch als eine Collage aufbereitet. Mit einer Folge konträrster Sequenzen, randvoll mit einer Überfülle an Informationen über Schicksale von Künstlern, vor allem der Jüdischen, in der Volksoper im Jahr 1938: Szenen der Machtübernahme in Österreich durch die Hitler-Diktatur. Mit Filmeinblendungen der einmarschierenden Deutschen Wehrmacht und tragischer Soldateska wie von geschundenen, gedemütigten Nazi-Opfern im KZ. Gegenüber gestellt der Probenzeit für die Operette „Gruß und Kuss aus der Wachau“ – Musik von Jara Benes; nicht schlecht, doch nicht mehr als gängige Schlagerchen – in der damaligen Volksoper. Namen wie des begnadeten Operetten-Librettisten Fritz Beda-Löhner oder von Hugo Wiener, des später in den USA erfolgreich Dirigenten Kurt-Herbert Adler, von Volksschauspieler Fritz Imhoff oder des Opernstars Hilde Güden finden wir unter den vorgeführten Verfolgten der Nazionalsozialisten.

Zum 125 Jahre-Jubiläum der Eröffnung  des Hauses am Währinger Gürtel ist dieses „Lass uns die Welt vergessen – Volksoper 1938“ eine tolle Idee. Ein Großaufgebot an Senioren wie Neulingen im Ensemble nehmen sich dieser Thematik an. Voll im Einsatz im einer sich meist rasch verwandlenden Szenenfolge. Der Holländer Theu Boermans hat das vielschichtige Buch erarbeit und auch seine Collage mit ihren unzähligen Details lebendig in Szene gesetzt. Dirigentin Keren Kargarlitsky mischt Operettensound mit tristeren Klängen von Arnold Schönberg, Gustav Mahler, dem von den Nazis ermordeten Komponisten Viktor Ullmann und eigenen Einschüben.

Alles gut gemacht. Doch wohl verständlich, in diesem anklagenden Menschendrama mit seinen überbordenden Informationen und Statements ist Poesie nicht allzu leicht einzufangen. Auch Spannung lässt sich hier im andauernden Wechsel nicht so richtig aufbauen. Und stehen so viele echte Charakterköpfe wie damals auf der Bühne? Nebensache …. ein großer Premierenerfolg für diese Intention der Volksoper und das Ensemble – mehr eine wichtige Dokumentation als ein in sich geschlossenes Bühnenwerk. 

Meinhard Rüdenauer

 

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