Volksoper: „La rondine“ – ja, Sie lieben Puccini?
Leonardo Capalbo, Matilda Sterby. Copyright: Wiener Volksoper/ Barbara Palffy
Ja, wenn Sie einen Hang zu Giacomo Puccinis musikalisch edlen Seelendramen haben, bitte, ein Besuch seiner „La rondine“ müßte seinen Wert haben. Diese ‚Commedia lirica‘, 1912 vom Wiener Carltheater als Operette in Auftrag gegeben, wegen der Wirren des Ersten Weltkriegs aber 1917 in Monte Carlo uraufgeführt, drei Jahre später erst in der Volksoper in Österreich präsentiert, hat nicht den Gütesiegel bekommenen als Meisterwerk geführt und oft gespielt zu werden. Problem: das Libretto! Von Wiener Operetten-Spezialisten entworfen, mehrmals überarbeitet, von Verlagen etc. immer wieder verworfen. So ein prickelndes Gefühl kommt auch in dieser Fassung nicht auf. Und doch: Wenn das ungleiche Paar von seinen Zuneigungen, reinen Liebesfreuden singt, und – wie es sich für Puccini gehört – dem Liebesleid nicht entrinnen kann, so ist der musikalische Blick in menschliche Tiefen wunderbar gegeben.
Aber auch mehrere Chorstellen wie feine Walzerrhythmen manifestieren die noble Handschrift des Komponisten. Weniger funktioniert es dort, wenn etwa wie in der Wiener Operette so ein patziges Zwischenspielchen hingelegt wird, es so richtig komödiantisch kracht. Puccini kommt von der sensiblen Seite, versucht locker, duftig, durchsichtig zu sein, vermeidet hier sein Opernpathos. Und da sich dabei keine spannenden Momente einstellen ….
Hausherrin Lotte de Beer setzt als Regiedame in ihrem Liebesdienst für Puccini mit Bühnenbildner Christof Hetzer die gegebenen Möglichkeiten des Hauses ein. Eine Drehbühne mit praktikablen Szenenwechsel, mit bunter Kostümierung, so manchem Gag für die umfangreiche Besetzung wie die Choristen. Ihr Stil: sehr lebendig, feminine Attitüden ausspielend, mit reicher Gestik erzählend. Nicht unoriginell, gut zum Verständnis: Der deutsche Text wird während der ganzen Italienisch gesungenen Vorstellung groß auf der Bühne projiziert.
Alexander Joel steht als Dirigent auf der feinsinnigen Seite, hat ein kleines abrundendes musikalisches Finale hinzugefügt. Führt mit abgetönten Stimmungen die Hausdebütantin Matilda Sterby (in der Titelrolle: die Schwalbe; als Kurtisane ihrem Liebesglück entsagend), Rebecca Nelsen (groteskes Kontra), Leonardo Capalbo (Liebhaber ohne schließliche Erfüllungen; ebenfalls neu im Haus), Andrei Bondarenko oder Timothy Fallon (ein absonderlicher Poet). So richtige Publikumslieblinge finden wir im Ensemble zur Zeit nicht.
Die Reaktionen am Premierenabend: wohl zwiespältig. Puccinis Psycho-Noblesse scheint wohl doch nicht so ganz abgestimmt zu sein auf solch eine Art operettiger Kameliendame-Variante – hier jedenfalls ohne Todesfall.
Meinhard Rüdenauer