Volksoper: „KILLING CARMEN“ in arger Schräglage – 1.10.2025
Copyright: Volksoper
‚Killing‘, das Abschlachten, klingt nicht gerade gut. Und „Killing Carmen“? Für wahre Carmen-Liebhaber könnte die Volksoper vielleicht ein Hausverbot aussprechen. Doch am Premierenabend dieser uraufgeführten Opernparodie hat es für die Mitwirkenden ansprechenden Applaus gegeben. Also, die Bühne hat nicht ungemütlich gewirkt. Dunkel, ohne Bühnenbild, doch einigermaßen atmosphärisch. Links eine kleine musizierende und mitsingende feine Band, rechts an der Rampe wird …. ja, da wird wortreich geblödelt. Die beiden Autoren Nils Strunk und Lukas Schrenk haben die wenigen Darsteller im Griff, spielen den nach Bizet-Seelenmusik-Süchtigen einen Streich. Nicht übertrieben geistreich, doch mit viel, viel Geschrei, viel, viel Gefuchtel, mit einigen treffenden Gags und noch mehr ironisierendem Wirrwarr. Die von Gabriel Cazes auf poppige Unterhaltung eingerichtete Musik mit Gitarren und Percussion klingt gut ins Ohr, hat ihren Charme. Und Katia Ledoux als robuste Carmen mit kräftigem Organ und Anton Zetterholm als von Liebe und Dummheit gequälter Don José überzeugen ebenfalls. Doch gute Überlebenschancen dürfte hier niemand haben.
In arger Schräglage sind wir in der Wiener Kultur somit angekommen. Die drei aktuellen Musiktheater-Produktionen in der neuen Spielzeit zeigen die Problemantiken des heutigen Regietheaters. Echte eigenständige wertvolle Kreationen schaffen die nach Wien engagierten Theatermacher nicht. Doch die Ethik, die Aussage genial entworfener Bühnenwerke des 19. Jahrhunderts werden zerrieben, zerfranst, zerstampft – und mit mehr oder weniger glücklichen Geistesblitzen auf modisch schöngefärbt. Carmen und die Verkaufte Braut und Caglistro gehen hier gerade Hand in Hand. Bizet & Smetana & der Walzerkönig liefern dazu diese Substanzen ab, welche den Wert ausmachen.
Meinhard Rüdenauer