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WIEN/ Volksoper: IM WEISSEN RÖSSL. Premiere

07.09.2015 | Operette/Musical

IM WEISSEN RÖSSL – Premiere Volksoper – 6.9.2015

(Heinrich Schramm-Schiessl)

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Publikumsbegrüßung durch Kinderchor. Foto: Heinrich Schramm-Schiessl

 Als man das bekanntermaßen nicht sehr geräumige Foyer des Hauses betrat, war das Gedränge noch größer als sonst. Grund dafür war, daß der Kinderchor St. Wolfgang auf der linken Treppe stehend den eintreffenden Besuchern ein Ständchen brachte. Überhaupt hatte der Abend ein  gewisses ländliches Flair, denn nicht wenige Besucher erschienen in Tracht – die Damen im Dirndl und einige Herren in Lederhosen.

 Grund dafür war, daß die erste Premiere der Saison einem urösterreichischen Werk, nämlich Ralph Benatzkys „Im weissen Rössl“ galt. Benatzky wurde zwar in Mährisch-Budwitz geboren, aber das gehörte damals noch zu Österreich. Das Werk ist an sich ein Selbstläufer, voll von wunderschönen Melodien – Andrew Lloyd Webber hätte daraus mindestens sechs Musicals gemacht – die eigentlich alle echte Schlager wurden, wobei vier der Musiknummern Einlagen von anderen Komponisten (Granichstaedten, Gilbert und Stolz) sind.

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Carsten Süss, Mara Mastalier. Copyright: Barbara Palffy/ Volksoper

 Mit der Beurteilung der Produktion tue ich mir etwas schwer. Nach dem Applaus darf man in der Volksoper leider nicht gehen, der ist bei Premieren immer frenetisch. Hat man sich aber Einzelmeinungen des Publikums angehört, so gab es doch zahlreiche kritische Einwände.

 Das lag in erster Linie an der Inszenierung von Josef H. Köpplinger, die über weite Strecken viel zu grell und knallig war. Mir fehlten die leisen, zum Teil romantischen Zwischentöne. Die gab es eigentlkich nur an zwei Stellen, in der Szene der Rösslwirtin mit dem Kaiser und dann in der „Abschiedsszene“ zwischen ihr und Leopold. An anderen Stellen, z.B. den Duetten zwischen Dr. Siedler und Ottilie Giesecke vertraute er nicht der Musik bzw. gab dem heutigen Zwang nach, daß es unbedingt immer „Action“ auf der Bühne geben muß. Dabei kann man ihm nicht vorwerfen, er hätte das Stück gegen den Strich gebürstet, im Gegeteil, die Handlung fand so statt, wie sie im Libretto steht und auch die Dialoge waren größtenteils im Original und in voller Länge zu hören, was ja heute auch keine Selbstverständlichkeit mehr ist. Er vermied es auch irgendwelche Zeitrkritik oder psychologische Konflikte hinein zu interpretieren, wobei ich die von manchen bemerkte Kritik am Tourismus nicht als solche empfunden habe. Das war auch richtig so, denn Operette ist wirklich Unterhaltungstheater und hat derartiges dort nichts zu suchen. Ähnliches gilt für das Bühnenbild von Rainer Sinell. Wir haben es mit einem in voewiegend grellfarbenem blau gehaltenen Einheitsbühnenbild zu tun, das in abstrahierter Form den Platz vor den „Weissen Rössl“ zeigt. Im Hintergrund ist dann noch ein „Bild im Bild“, das eine Gebirgslandschaft zeigt, durch die immer wieder verschiedene Personen – manchmal auch Protagonisten – wandeln. Dazu kam noch eine Unart des zeitaktuellen Theaters, nämlich das Erfinden zusätzlicher Personen, wie z.B. einem Brautpaar, daß die Hochzeitsnacht nicht erwarten kann und sich bereits vor dem Hotel beginnt auszuziehen oder einer fünfköpfigen rothaarigen englischen Wandergruppe. Besonders peinlich war die Coference von Helga Papouschek – wobei sie natürlich für den Text nichts konnte – vor Beginn und nach der Pause. Die Kostüme, die ebenfalls von Rainer Sinell stammten, waren passend. Die Choreographie von Karl Alfred Schreiner war eher einfallslos.

 Auch musikaliosch konnte man nicht voll zufrieden sein. Das begann schon bei der Rösslwirtin von Sigrid Hauser, die offenbar die Standardbesetzung des Hauses für starke, resolute Frauen ist. Ihr Problem ist, dass sie nicht wirklich singen kann. Das würde bei dieser Rolle allerdings nicht so stören, könnte sie es durch eine starke Persönlichkeit ausgleichen, aber das gelang ihr nicht wirklich. Der Zahlkellner Leopold wurde von Daniel Prohsaska  recht ordentlich gesungen, auch wenn es in der Höhe manchmal problematisch wurde. Darstellerisch wirkte er durchaus symphatisch, auch wenn ich mir auch bei ihm etwas mehr Persönlichkeit gewünsht hätte. Bernd Birkhahn war ein recht knorriger aber auch humorvoller Berliner Fabrikant Willhelm Giesecke. An Heinz Reincke vor fast vierzig Jahren durfte man allerdings nicht zurückdenken. Marie Mastalir sang seine Tochter Ottilie mit an sich hübscher Stimme und spielte recht anmutig. Carsten Süss war ein stimmlich guter, allerdings darstellerisch etwas hölzener Dr. Siedler. Markus Meyer fiel als Sigismund eigentlich kaum aud – weder positiv noch negativ – und das war schade, denn an sich ist diese dankbare Rolle ein echter Publikums-Renner. Auch seine Partnerin Juliette Khalil als Klärchen blieb blass und hatte außerdem eine für das Haus zu kleine Stimme. Hans Dieter Knebel blieb als Prof. Hinzelmann eher unauffällig und Wolfgang Hübsch versuchte den Kaiser halbwegs würdevoll zu gestalten.

 Das Orchester unter Michael Brandstätter fügte sich dem Stil der Inszenierung und war ebenfalls eher grell und laut. Auch hier fehlten mir die Zwischentöne. Der Chor, einstudiert von Thomas Böttcher und das Ballett entledigten sich ihrer Aufgaben mit Routine.

Heinrich Schramm-Schiessl

 

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