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WIEN/ Volksoper: HÄNSEL UND GRETEL

29.12.2015 | Oper

WIEN / Volksoper: Hänsel und Gretel am 28.12.2015

Heuer hatte es einen besonderen Reiz, nach der Thielemann / Noble – Version in der Staatsoper die bereits Kultstatus erworbene Karl Dönch – Inszenierung in der Volksoper zu besuchen. Nach den orchestralen Sternstunden, die uns Christian Thielemann mit den bestens gelaunten Wiener Philharmonikern beschert hat, ist die Frage nach der Notwendigkeit dieser Oper aus dem Kernrepertoire der Volksoper obsolet – solche Musik ist immer notwendig!

Mit diesen Klängen im Ohr ist es aber nicht leicht, das Orchester der Volksoper unbeschwert zu genießen und fair zu beurteilen. Wir hörten eine gute Repertoireleistung unter der Leitung von Christof Prick, einem umsichtigen Kapellmeister, der die Spannung aus der genialen Ouvertüre – die dankenswerter Weise vor dem geschlossenen Vorhang gespielt wurde – durch das gesamte Stück aufrecht erhielt und die Sänger nie zudeckte. Wie so oft in der Volksoper dominierten die Blechbläser auch diesmal und verhinderten so eine detailreichere Gestaltung. Die Kinder – als Hauptzielgruppe dieser Oper – folgten jedoch begeistert der „Action“. Die vielen aufgeregten Gesichter und leuchtenden Augen belegten die Richtigkeit der Entscheidung, Hänsel und Gretel (wie auch die Fledermaus) als traditionelle Fixpunkte zum Jahreswechsel beizubehalten.

Bereits zum 196. Mal verzauberte diese naturalistische Abbildung der Märchenhandlung kleine und große Kinder; die Bühnenbilder von Toni Businger sind einfach wunderschön und die Personenführung funktioniert – dank dem Temperament der Leidenschaft der Akteure – nach wie vor mit überzeugender Natürlichkeit.

Manuela Leonhartsberger verkörpert einen übermütigen Lausbub und macht ihn mit ihrem tragfähigen Mezzosopran zum gesanglichen Höhepunkt des Abends; Anita Götz ist eine liebe Gretel, die für einen mädchenhaften Gegenpol sorgt und mit klarem, schlankem Sopran überzeugt. Der Abendsegen war, nach kurzer Irritation zu Beginn, das berührendste Erlebnis des Abends. Die Stimmen drückten genau diese kindliche Unschuld aus, die arrivierte Primadonnen oft nicht vermitteln können.

Sowohl das Sandmännchen – Christina Sidak – als auch dasTaumännchen – Elisabeth Schwarz – gefielen uns gesanglich und darstellerisch besser als die Besetzung in der Staatsoper. Die bodenständigere Volksopernversion entspricht dem Libretto besser als die mystische Variante am Ring.

DIE Attraktion ist natürlich die Knusperhexe mit dem Hexenritt in der extrovertierten Darstellung von Ulrike Steinsky. Das neue Ehrenmitglied der Wiener Volksoper zog alle Register, war schrill, bedrohlich aber auch humorvoll und wurde für diese authentische Rollengestaltung gebührend gefeiert.

Bei den beiden Eltern – Morten Frank Larsen und Elisabeth Flechl – imponierte besonders die schauspielerische Leistung.

Der Jugendchor und die Kinderkomparserie der Volksoper Wien sorgten für stimmungsvolle Bilder und erfreuten die Kinder und die Großelterngeneration gleichermaßen.

In dieser kindertauglichen Interpretation hat sich Hänsel und Gretel längst einen Stammplatz im Repertoire gesichert – das muss die Staatsopernversion ohne Thielemann erst einmal beweisen.

Maria und Johann Jahnas

 

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