14.Mai 2025 Volksoper Wien Follies von Stephen Sondheim
„Verstehen kann man das Leben nur rückwärts.
Leben muss man es vorwärts.“ S.Kierkegaard
Copyright: Volksoper/ Barbara Palffy
Mit einer hochkarätigen Besetzung unter der Regie von Martin G. BERGER ist der Volksoper ein großer Wurf gelungen. Herz – Schmerz und unerfüllte Sehnsüchte, Erinnerung an die erfolgreichen, aber auch erfolglosen Auftritte im Showbusiness, an verrückte aber auch verlorene Liebesbeziehungen, Reue, was alles und verschwendet wurde – eine Rückblende alternder Stars die sich auf einer Party wieder treffen und über ihre glorreiche Zeit Geschichten zu erzählen wissen.
Doch im Westen nichts Neues – denn schon 1991 wurde Follies mit großem Erfolg in Berlin am Theater des Westens aufgeführt.
Mit einer Starbesetzung wie Daniela Ziegler, Gaye McFarlane, Eartha Kitt, Margot Hielscher, Brigitte Mira und die Alice & Ellen Kessler Zwillinge, um nur einige zu nennen, unter der großartigen Regie von Rolf Kühn und Helmut Baumann. Zwei damalige Theatermacher par exelllence deren Inszenierungen Theatergeschichte geschrieben haben.
Martin G. Bergers Inszenierung bleibt und ist konventionell, man vermeidet Experimente, und hält sich doch eher an der Baumannschen Inszenierung. Obwohl man hier eher auf Glanz und Glamour verzichtet, dafür eher auf die psychologischen Zustände einzelner Personen eingeht, die vielschichtig und tiefgreifend, und trotzdem aber nicht an Witz verlieren. Großartig sind die oft sehr aussagekräftigen Texte in der Übersetzung von Berger. Im Grunde genommen hat sich zu der Berliner Inszenierung nicht viel am Bühnenbild (Sarah-Katharina KARL) geändert. Die große Showtreppe mit einer oberen zweiten Bühne geben genügend Raum für Solisten und Tänzer. Neu waren die digitalen Übertragungen über dem Bildschirm um einzelne menschliche Schicksale ehemaliger Showgirls dem Publikum noch näher zu verdeutlichen. Einzelne Szenen waren leider etwas langatmig – und doch die ganze Welt ist Bühne, wenn hier die Tänzerinnen als ehemalige „Ziegfeld Follies“ auftreten und wenn neben den einzelnen Gesangseinlagen ein Hauch von Revue – Musik versprüht wird.
Geschmacklos hingegen waren die Kostüme (Alexander DJURKOV HOTTER) wo allein Sally (Ruth BRAUER-KVAM) doch eher wie ein Armmutskel wirkte und auch darstellerisch, obwohl sie gesanglich sich behaupten konnte, kaum zur Geltung kam. Überhaupt fehlte es in Bezug der Kostüme wahrlich an Glanz und Glamour wenn ich da allein an Berlin zurückdenke. Auch das Ballett, ebenso ein Teil des Ensembles waren nicht gerade vorteilhaft kostümiert. Apart hingegen Bettina MÖNCH in der Rolle als Phyllis die schauspielerisch als auch gesanglich, so wie ihre Kollegin Sona MACDONALD in der Rolle als Carlotta besonders hervorzuheben ist. MACDONALD mit ihrem Auftritt und ihrem Song I’m still here/ Bin noch hier, löste wahre Begeisterung beim Publikum aus, wofür die Protagonistin sich viel Applaus und Bravorufe einheimste. Die Frau hat eine Röhre, wie man in unserem Fachjargon sagt, dass man heute nur noch selten erlebt. Außer wenn ich hier an Amerika zurückdenke, wo ich noch die Ehre hatte in LA (1983) Jennifer Holliday in „Dreamgirls“ mit dem Song: And I’m Telling You…life mitzuerleben. Bedauerlicherweise wurde dieses so großartige Musical (Musik: Henry Krieger und Buch von Tom Eyen) nie in Deutschland und Österreich aufgeführt. Mag auch daran liegen dass dieses Musical nur schwer zu besetzen ist.
Drew SARICH als Benn machte ebenso gute Figur und überzeugte vor allem darstellerisch und schauspielerisch. Allgemein waren alle, auch die Nebenrollen sehr gut besetzt, das zu einem vergnüglichen, unterhaltsamen, aber auch nachdenklichen Abend führte, wo in einem selbst Erinnerungen wach wurden. Doch Erfolg besonders im Theaterberuf sind früh oder später vergänglich, wo leider viele den Fehler begehen, statt vorwärts doch eher rückwärts zuschauen.
Insgesamt musikalisch, unter dem Dirigat von Maayan FRANCO und dem Volksopern Orchester war dieser Abend einer runde Sache, perfekt durchdacht und gut einstudiert, das beim Publikum große Begeisterung auslöste.
Also hingehen und anschauen – es lohnt sich! Wieder einmal eine Produktion der besonderen Art an der Wiener Volksoper.
Manuela Miebach