WIENER VOLKSOPER, 12. Mai 2018
W.A. Mozart: Zauberflöte
Es muss nicht immer die Super-Premiere sein, die begeistert, auch Repertoire hat seine besonderen Reize! Der Satz passt genau zu diesem 12. Mai 2018, denn im großen Haus am Ring gab man Samson et Dalila mit einer sogenannten Starbesetzung, aber auch das kleine Haus am Währinger Gürtel, die Wiener Volksoper, bot an diesem Abend Überdurchschnittliches. Der Programmzettel sah zwar auf den ersten Blick gar nicht so spektakulär aus und Wolfgang Amadeus Mozart’s Zauberflöte in der Inszenierung von Helmuth Lohner hat auch schon einige Jahre (nämlich 13) auf dem Buckel. Aber wenn es am Ende tosenden Jubel und viele Bravos, Bravas und Bravis gibt, dann hat der Hausherr Robert M. nicht viel falsch gemacht, hoffentlich hatte Dominique M. ebenso viel Fortune.
Es ist immer wieder eine Freude, Gerrit Prießnitz am Pult des Volksopernorchesters zu sehen. Unaufgeregt hält er alle Fäden in der Hand, mit sparsamer, aber akkurater Zeichengebung findet er den richtigen Mozartklang – in idealer Lautstärke und perfektem Tempo. Dass das Haus mit Stefan Cerny einen Weltklassebass besitzt, wurde zwar schon öfter geschrieben, aber es ist immer wieder eine Freude seine samtene, obertonreiche und in der Tiefe unverwechselbare Stimme zu hören. Die Figur des Sarastro passt ihm wie auf den Leib geschneidert. Weniger gilt dies für den koreanischen Tenor JunHo You, der zwar bombensicher singt, auch mit der Höhe nie Probleme hatte und ein schönes lyrisches Timbre hat, so richtig warm werden konnte man aber mit seiner Rollengestaltung des Tamino nicht so richtig.
Beim Papageno verhielt es sich genau umgekehrt: Marco DiSapia reizte diese Rolle bis zur Outrage hin aus, in Sachen Gesang blieben leider ein paar Wünsche offen. Solide und durchaus achtbar schlugen sich die drei Damen Ulrike Steinsky, Elvira Soukop und Sulie Girardi, auch der oft sträflich unterschätzte Yasushi Hirano als Sprecher und Christian Drescher als 2. Priester konnten überzeugen. Karl-Michael Ebner sang den Monostatos schon in der Premiere, die beiden Geharnischten in luftiger Höhe waren Mehrzad Montazeri und Tamas Patrovics.
Die erfreulichsten Überraschungen der Aufführung waren weiblich, kamen aus Deutschland und passten sich dem Volksopernensemble super an: Gloria Rehm als Königin der Nacht, die vor der Pause noch ein wenig schaumgebremst wirkte, aber in der Rachearie dann alle Register zog und nicht nur mit funkelnden Koloraturen begeisterte, sondern auch mit der nötigen Dramatik ans Werk ging. Noch mehr Eindruck hinterließ Catalina Bertucci als Pamina, die derzeit in Ulm lebt und ihr Volksoperndebüt feierte. Ihre Bühnenpräsenz nahm einen vom ersten Auftritt an gefangen, die Stimme besitzt ein erotisches Timbre rund um einen stählernen Kern. „Volksoperneigenbau“ Juliette Khalil, die zuletzt als Pinocchio gefiel, reizte die kleine Rolle der Papagena voll aus.
Bleibt zum Abschluss noch der besondere Hinweis auf die drei Wiener Sängerknaben, die mit riesigem Schlussbeifall bedacht wurden und diese Partien auch bei der heurigen Zauberflöten-Neuinszenierung in Salzburg singen werden.
Die Volksoper bewies mit dieser gelungenen Repertoireaufführung, dass eine Zauberflöte immer wieder begeistern kann, wenn die Ingredienzen vorhanden sind – und deren Mischung stimmte diesmal auch. Ein in diesem Ausmaß gar nicht alltäglicher Schlussapplaus beendete einen wunderbaren Abend.
Ernst Kopica
MERKEROnline