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Wien/ Volksoper: DIE RÄUBER (I Masnadieri). Premiere

15.10.2017 | Oper

WIEN: DIE RÄUBER – Premiere Volksoper am 14.10.2017
(Heinrich Schramm-Schiessl)

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Vincent Schirrmacher. Copyright: Barbara Pallfy/Volksoper

Ende der 50er- bis Mitte der 60er-Jahre des vorigen Jahrhunderts entschloss sich die Volksoper neben den bisherigen Standardwerken ihres italienischen Repertoires „Barbier von Sevilla“ und „Don Pasquale“ auch einige tragische Opern in deutscher Sprache – wie es der Tradition des Hauses entsprach – in den Spielplan aufzunehmen. Spiritus rector und Mentor dieses Unternehmen war Argeo Quadri, ein 1911 in Mailand geborener und 2004 ebendort verstorbener Dirigent, der so etwas wie eine Institution des Hauses war und insgesamt 939 Abende dirigierte. Vieles von diesem Unternehmen misslang, aber einiges wurde doch ein Erfolg. So im Jahre 1963 die österreichische Erstaufführiung von Giuseppe Verdis früher Oper „Die Räuber“, insbesondere wegen der Leistung von Christiane Sorell in der Rolle der Amalia. Nunmehr kehrt das Werk nach über 45 Jahren – die letzten Aufführungen fanden 1970 statt – wieder in den Spielplan zurück.

Das Werk – eine der vier Schiller-Vertonungen Verdis – entstand in den 1840er-Jahren und wurde 1847 einige Monate nach der Erstfassung des „Macbeth“ in London uraufgeführt.Die Musik ist noch im Stil der Donizetti- und Bellini-Zeit gehalten, lässt aber in manchen Passagen, wie z.B. der Szene des Francesco im 4. Akt bereits das musikdramatische Genie des Komponisten erkennen.

Auch diesmal entschied man sich für eine deutschsprachige Aufführung – übrigens wieder in der Übersetzung von Hans Hartleb – was ich, wie schon im Frühjahr bei „La Wally“, für einen Fehler halte. Die Originalsprache hat sich mittlerweile so weit durchgesetzt, dass sie selbst in kleinen Häusern verwendet wird. Auch wenn es heute immer wieder Opernfreunde – interessanterweise auch jüngere – gibt, die das Rad der Zeit zurückdrehen möchten, halte ich das für einen Anachronismus, zumal es ja auch im Haus am Währinger Gürtel nicht mehr wirklich Tradition ist.

Aber auch sonst wurde man mit der Aufführung nicht wirklich glücklich. Das beginnt bereits bei der Inszenieriung von Alexander Schulin. Abgesehen davon, dass er offenbar, wie heute viele Regisseure, kein Vertrauen zur Musik hat und das Vorspiel szenisch ausdeuten muss – hier ist es ein Celloabend im Hause Moor – fällt ihm sonst eigentlich nicht wirklich etwa ein. Zugegeben, er erzählt die Geschichte, was ja heute schon viel bedeutet, aber es gibt praktisch keine Personenregie. Sämtliche Bewegungen der Solisten und des Chores sind vorhersehbar. Das liegt sicher auch am Bühnenbild (Bettina Meyer), das von einem nach vorne hin geöffneten schwarzen Kubus – wie originell – beherrscht wird, der sich zeitweise bewegt und dessen Inneres einen zeitlos ausgestalteten Raum darstellt, in dem die Indoor-Szenen spielen. In einer Waldszene ersetzen Neonröhren – auch nicht wirklich neu – die Bäume. Recht ordentlich die historisierenden Kostüme von Bettina Walter.

Das wäre ja alles noch irgendwie akzeptabel gewesen, hätte es musikalisch wenigstens gestimmt. Aber auch das war sehr durchwachsen. Das beginnt bereits beim Orchester unter Jac van Steen, das keinerlei Italianitá verbreitete. Vieles klang grobklötzig und an einen den Abend umspannenden Bogen brauchte man gar nicht zu denken. Ebenso war von einem Aufbau der Ensembles und der Chöre kaum etwas zu merken. Die beste Leistung von den Sängern bot Hausdebutantin Sofia Soloviy in der äußerst schwierigen Rolle der Amalia. Die Stimme hat ein italienisches Timbre und sie vermochte sehr schön auf Linie zu singen und zu phrasieren. Lediglich in der Höhe wird die Stimme etwas dünn, aber in der Gesamtsicht war es eine sehr saubere Leistung. Vincent Schirrmacher hatte seine liebe Not mit dem Karl. Natürlich hat er sich sehr bemüht und auch, wie man so schön sagt, alles gehabt, aber die Stimme ist für das italienische Fach im allgemeiunen und für Rollen dieser Art etwas zu leicht. Da fehlt der dramtische Impetus. Boaz Daniel, in der Staatsoper so etwas wie der „Mann für alle Fälle“ hat als Franz alles korrekt gesungen, aber einerseits verhindert sein eher trockenes Timbre einen wirklich effektvollen Gesang und andererseits nimmt man ihm den Bösewicht nicht wirklich ab. Einen sehr dunklen Abend hatte Kurt Rydl alsMaximilian, der auch – nicht wirklich nachvollziehbar – die Passagen des Pastor Moser singen musste.. Gut, das italienische Repertoire war nie seine Stärke, aber an diesem Abend fällt einem überhaupt nichts Positives ein. Er sang praktisch nur in einer (lauten) Lautstärke und sein eher rauhes Timbre und ein sehr merkliches Vibrato taten das übrige. Als Hermann und Roller ergänzten David Sitka und Christian Drescher

Der Chor (Einstudierung: Holger Kristen) sang zufriedenstellend, schien aber etwas vom Dirigenten im Stich gelassen.

Am Ende ziemlicher Jubel für die Sänger und den Dirigenten – in der Volksoper nicht überraschend – und höflichen Applaus für das Regieteam.

Heinrich Schramm-Schiessl

 

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