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WIEN/ Volksoper: DER FLIEGENDE HOLLÄNDER. Premiere

Musikalischer Parforceritt

10.03.2019 | Oper

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Meagan Miller (Senta). Foto: Barbara Palffy/ Volksoper

Volksoper Wien: MUSIKALISCHER PARFORCE-RITT:“DER FLIEGENDE HOLLÄNDER“ AM WÄHRINGER-GÜRTEL (9.3.2019)

Schon nach wenigen Takten wird klar: die Neuinszenierung von Richard Wagner’s „Der Fliegende Holländer“ (UA 1843) im Opernhaus am Währinger Gürtel setzt unter dem Dirigenten Marc Piollet ganz auf Tempo und Fortissimo-Attacken. Zusammen mit einer erstklassigen Besetzung und einer leidlichen Inszenierung von Aron Stiehl (Bühne Franz Philipp) kann die Volksoper einen veritablen Publikums-Erfolg verzeichnen, der die Frage rasch zum Verstummen bringen wird, warum dieses Werk, das in der Zeit vor dem 2.Weltkrieg zum Stamm-Repertoire der Volksoper gehörte und nach 1945 nicht mehr gespielt wurde, nun  wieder gegeben wird.

„Der Fliegende Holländer“ ist eine Chor-Oper und da liefert man  mit Hilfe des Chores der Volksoper (samt Zusatz-Chor) Grandioses. Unter der Leitung von Franz Philipp werden die Matrosen-Chöre und besonders der Doppel-Chor mit der Besatzung des Geister-Schiffes zum Höhepunkt einer Vorstellung, in der der 1962 in Paris geborene Dirigent Piollet seine Erfahrungen aus jener Zeit zu reaktivieren vermag, als er zwischen 2003 – 2005 musikalischer Chef der Volksoper war. Nun die wichtigste Frage: was hat uns die Geschichte vom „Fliegenden Holländer“ heute zu erzählen? Sehr viel: denn die Fabel vom unerlösten, unendlich reichen Kapitän, der nicht sterben kann und eine treue „Erlöserin“ sucht, ist eine höchst aktuelle Sage über den Egoismus und die Eigenliebe eines nur mit sich selbst beschäftigten Egozentrikers. Deshalb ist es schlüssig, den „Holländer“in die Wirtschaft-Wunder-Jahre der 60er und 70er Jahre zu verlegen. Daland giert nicht nach Schmuck sondern offenbar nach Aktien-Papieren. Leider ist die Bühne zu verbaut für die vielen Chor-Szenen. Aber die Grundidee geht auf.

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Stefan Cerny (Daland), JunHo You (Steuermann) und der grandiose Chor. Foto: Barbara Palffy/Volksoper

Nun zur Besetzung: den meisten Applaus hatte prompt Stefan Cerny als Daland – die Stimme ist gewachsen, das schöne Bass-Timbre fließt rund und zugleich metallisch. Großartig! In der Szene des Steuermanns beweist der Südkoreaner JunHo You sein Talent: eine angenehme Mozart-Stimme, der eine Zukunft vorhergesagt werden kann. Auftritt des „Fliegenden Holländer“: Markus Marquart, geboren in Düsseldorf, gehört zum Ensemble von Dresden als Helden-Bariton. Er kommt mit der anspruchsvollen Tessitura einigermaßen zurecht. Im großen Duett stößt er an seine Grenzen, das Finale schafft er wieder souverän. Insgesamt fehlt ihm die Dämonie, der Ego-Zentrismus. Ein Holländer wie Du und Ich. Ähnlich das Urteil über Senta: die US-Sopranistin aus Delaware – Meagan Miller – schafft die Rolle der Senta mit erstaunlicher Mühelosigkeit. Sie hat für die Ballade das nötige Piano und bricht zuletzt in jene Euphorie aus („Ich sei’s“), die über den Erfolg des Abends entscheidet. Wenn man sich mehr neurotische Intensität wünscht, sollte wieder der Regisseur adressiert werden. Aber immerhin – eine Senta von Format! Wer hat das schon? Der Rest des Ensembles: Tomislav Muzek, ein deutsch-kroatischer Tenor ist ein Bayreuth-erfahrener Erik. Und Martina Mikelic ist eine komische oberlehrerhafte Mary. Alles in allem: zuletzt großer Jubel. Und Direktor Robert Meyer hat mit seiner Stückwahl Recht behalten!

Peter Dusek

 

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