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WIEN/ Volksoper: CAROUSEL. Premiere

„You’ll never walk alone“

18.03.2018 | Operette/Musical

Bildergebnis für wien volksoper carousel
Daniel Schmutzhard. Copyright: Johannes Ifkovits

CAROUSEL – Premiere Volksoper am 17. März 2018
(Heinrich Schramm-Schiessl)

„You’ll never walk alone“ – dieser Chor hat mittlerweile als Vereinshymne des FC Liverpool weltweite Popularität erlangt und ist das Finale dieses Musicals, das auf dem Theaterstück „Liliom“ von Franz Molnar basiert. Schon Puccini hatte seine Auge auf das Stück geworfen, danach Kurt Weill, aber beide konnten den Dichter nicht übereden, ihnen die Rechte zu überlassen. Erst dem kongenialen Duo Richard Rogers (Musik) und Oscar Hammerstein II. (Libretto und Liedertexte) gelang es, ihn dazu zu überreden. Sie verlegten die Handlung aus Budapest bzw. Wien (in der deutschen Übersetzung) an die Küste Neuenglands und aus dem Hutschenschleuderer (für Nichtwiener: Schaukelanschieber) Liliom wurde der Karussell-Ausrufer Billy. Ansonsten folgt die Handlung weitgehend der Vorlage, wobei der Schluss hier optimistischer angelegt ist.

Rogers und Hammerstein war in den 40er- und 50er-Jahren ein überaus erfolgreiches Autorenduo der Musicalbranche. Besonders populär wurden „Oklahoma“, „South Pacifik“ „The King an I“ sowie – derzeit auch im Repertoire der Volksoper – „The Sound of Music“.
„Carousel“ erreichte, zumindest ausserhalb der USA, nicht ganz diese Bedeutung. Das spiegelt sich auch in der Wiener Aufführungsgeschichte wieder. Am 15. Oktober 1972 hatte es – ebenfalls in der Volksoper – seine deutschsprachige Erstaufführung, brachte es aber nur auf 15 Vorstellungen. Diese Produktion brachte übrigens das Wien-Debut von Bernd Weikl in der Rolle des Billy. Eine späte Ehrung erlebte das Werk 1999, als es vom „Time Magazine“ zum besten Musicals des 20. Jahrhunderts gekürt wurde.

Das Werk ist gekennzeichnet durch sowohl lyrische als auch schmissige Melodien, wobei die Musiknummern und Dialoge oft miteinander verwoben sind. Manche Stücke klingen zum Teil ziemlich opernhaft.

Mit dieser Produktion konnte die Volksoper nach längerer Zeit wieder einen vollen Erfolg buchen. Das beginnt schon bei der Inszenierung durch Henry Mason, die weitestgehend librettotreu ist. Die Rechteinhaber der klassischen Musicals dürften darauf ziemlich Wert legen und das möglicherweise in den Aufführungsverträgen verankern. Die Personenregie war ziemlich schlüssig und die Massenszenen gut durchgearbeitet. Jan Meier schuf hübsche und leicht verwandelbare Bühnenbilder sowie die zeitgemäßen Kostüme. Sehr schmissig auch die Choreographie von Francesc Abós, wobei das Ballett im 2. Teil durchaus etwas kürzer ausfallen hätte können.

Auch musikalisch konnte man an diesem Abend zufrieden sein. Das beginnt schon beim Orchester, das in diesem Werk Opernstärke hat. Unter der Leitung von Joseph R. Olefirowicz spielte es mit großem Engagement und viel Temprament, wobei auch die lyrischen Stellen zu ihrem Recht kamen. Beim Entre’Acte nach der Pause wurde es hochgefahren und durfte danach den kräftigen Applaus des Publikums entgegen nehmen. Der Chor (Einstudierung: Thomas Böttcher) sang ebenfalls sehr präzise und spielte engagiert.

Die zentrale Rolle des Billy sang Volksopernheimkehrer Daniel Schmutzhard. Er war auf der Bühne sehr präsent und spielte den nicht wirklich sympatischen Kerl sehr differenziert. Man konnte immer das durchaus weiche Herz unter der rauhen Schale erahnen. Stimmlich war er über weite Strecken überzeugend, auch wenn man in manchen Passagen den Eindruck hatte, als läge ihm die Rolle etwas zu hoch. Mara Mastalir war eine sehr berührend spielende und schön singende Julie. Johanna Arrouas spielte die Carrie mit dem ihr eigenen Temprament und konnte bis auf einige etwas rauhere Töne auch stimmlich überzeugen. Atala Schöck ließ als Nettie Fowler ein schönen Mezzo hören. Die Szene, in der sie Julie nach dem Tod Billys tröstet – hier wird „You’ll never walk alone“ erstmals und als Solo gesungen – gehörte mit zu den besten Szenen des Abends. Jeffrey Treganza spielte den Enoch Snow durchaus amüsant, hatte aber stimmlich einige Probleme. Christian Graf charakterisierte den nicht unsympatisch wirkenden, aber komplett fiesen Jigger ausgezeichnet und Regula Rosin war als mit ihrem Alter nicht zurecht kommende Karusellbesitzerin Mrs. Mullin ebenfalls sehr präsent. Robert Meyer spielte den Sternewart – das Rübezahlkostüme hätte man ihm ersparen können – und im Finale den Dr. Seldon mit der ihm eigenen Komik. Den übrigen Mitwirkenden sei ein Pauschallob ausgesprochen.

Am Ende gab es diesmal durchaus verdienten Jubel für alle Beteiligten.

Heinrich Schramm-Schiessl

 

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