Wien: 21.9.24 „Carmen“, Volksoper, Premiere, „Carmen for President?“
Katia Ledoux als Carmen. Foto: Instagram
Erste Premiere der Saison 2024/25 an der Volksoper: Die neue „Carmen“ erstickt unter ideologischem Ballast auf Kosten des Beziehungsdramas. Musikalisch gelang der Abend besser als szenisch.
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Wer oder was ist Carmen? Könnte Carmen heutzutage sogar „Präsidentin“ werden, wie es Regisseurin Lotte de Beer in einem Interview mit der Tageszeitung „Die Presse“ (18. September 2024) in den Raum gestellt hat? Die Volksoperndirektorin hat im Vorfeld der Premiere versucht, das Publikum mit einem idealisierenden Carmen-Bild für ihre ideologisch motivierte Deutung der Oper zu „präparieren“. Carmen wird zum Opfer einer „engstirnigen Gesellschaft“ stilisiert, wird zur Märtyrerin für ihre „Freiheit“.
Jedoch könnte man genauso der Auffassung sein, dass Carmen ein rechtes „Früchtchen“ ist. Sie fühlt sich in dem kriminellen Schmugglermilieu doch ziemlich wohl, sie „reißt“ sich Männer auf und verspottet sie, und es ist zu vermuten, dass ihr erotischer Freiheitsdrang dauerhafte Liebesbeziehungen von vornherein verunmöglicht. Sind es vielleicht nicht genau diese fragwürdigen Charaktereigenschaften Carmens, die im Zusammenspiel mit der jähzornigen Naivität Don Josés den explosiven Gefühlscocktail mischen, der zum fatalen Ende der Beziehung führt?…
http://www.operinwien.at/werkverz/bizet/acarmen18.htm
Dominik Troger/ www.operinwien.at