Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

WIEN/ Volksoper: BRIGADOON von Frederick Loewe und Alan J. Lerner. Halbszenisch

02.12.2019 | Operette/Musical

Bildergebnis für volksoper brigadoon

Wiener Volksoper: „BRIGADOON“, 1.12.2019 – von alter deutscher Romantik ins alte Broadway-Musicalland

Es hätte auch in Texas sein können …. doch dieses „Brigadoon“ liegt in den Highlands von Schottland, ist ein verzaubertes wie versunkenes Dörfchen, und dessen friedliebenden Bewohner erwachen nur alle hundert Jahre bloß auf einen Tag. In Ludwig Bechsteins Thüringischem Sagenbuch heißt es „Das verwünschte Dorf“, in Friedrich Gerstäckers Erzählung „Germelshausen“ (1860) ist es eine elegische Parabel in romantischer Manier über unerfüllbare Liebe. Und Hit-Komponist Frederick Loewe und sein Erfolgsautor Alan J. Lerner haben dieses deutsche Gefühlstiefen–Melodram bestens berechnend für die US-Showszene modelliert.   

In der Wiener Volksoper ist dieses Broadway-Musical aus dem Jahr 1947 als österreichische Erstaufführung in einer ‚halbszenischen‘ Fassung zu sehen. Und diese ist in der Spielleitung von Rudolf Klaban völlig geglückt. Das Orchester musiziert unter Leitung von Lorenz C. Aichner auf der Bühne, der Chor singt in (wohl zu) großer Besetzung in einer mächtigen Reihe dahinter, dazu werden poetisch nicht wirklich stimmige Landschafts- und Dorfbilder groß projiziert. Und auf der vorderen Bühne wird so intensiv gespielt – und auch von vier Paaren eifrig getanzt – als wäre es eine richtige große Show. Und, ja … es ist ein richtig guter Abend. 

Christoph Wagner-Trenkwitz hat diese auf englische gesungene wie gesprochene Fassung initiiert und dramaturgisch eingerichtet. Als gelassener Erzähler führt er auch in die angestimmte musicalromantische Welt ein. Zwei New Yorker – Ben Connor als schlaksiger Tommy Albright und Jeffrey Treganza – streifen durch die schottische Wildnis, und, kein Wunder, es ist der hundertjährige Tag von Brigadoon. Ebenfalls kein Wunder: Tommy verliebt sich hier in die auf Liebesglück hoffende Fiona (Rebecca Nelsen). Brigadoon versinkt wieder, Tommy kehrt nach NY zurück. Und doch, Musical & Märchen & Mythos und die Autoren wissen dies auch: In der finalen Szene finden Tommy und Fiona im offensichtlich wohl nicht so ganz entschwundenem Dorf in Liebe zusammen.

„Brigadoon“ ist das erste erfolgreiche Musical von Loewe und Lerner, hat noch nicht diese überwältigende melodische Kraft ihrer „Fair Lady“, bietet jedoch eine sehr ansprechende Folge an balladenhaften Gesängen, vom Chor herbeigezauberten lyrischen Stimmungsbildern wie auch US-gestylten sarkastischen Songs. Jessica Aszodi vermag solches mit „The Love in My Life“ perfekt. Das schottische Kolorit ist überzeugend gegeben, und auch Dudelsackklänge dürfen hier zwischen Dorfidylle, traditionellen Hochzeits- oder Schwerttänzen und kleinwenig örtlicher Dramatik mit einer etwas wilderen Verfolgungsjagd nicht fehlen. Somit: ein Trip nach diesem Brigadoon zahlt sich aus. Um angenehme Melodien wie auch um ein bisschen Sentiment zu erleben. 

Meinhard Rüdenauer

 

Diese Seite drucken