Volksoper
„ALBERT HERRING“ VON BENJAMIN BRITTEN ALS MODELL-AUFFÜHRUNG (12.3.2015)
Der junge Dirigent – Gerrit Prießnitz – holt am Pult des Volksopern-Orchesters aus der köstlichen Partitur von Benjamin Britten ein Maximum heraus. Die Besetzung ist ausgeglichen und homogen, die Inszenierung von Brigitte Fassbaender (Ausstattung Bettina Munzer) großartig. Was fehlt? Das entsprechende Publikum! So viele unbesetzte Plätze hat man am Währinger Gürtel noch selten erlebt. Wie auch immer – wenn Sie einen vergnüglichen Opernabend besuchen wollen, dann kommen Sie zu den weiteren Reprisen im März. Dann können Sie Benjamin Britten von seiner heitersten Seite erleben. Und eine Modell-Produktion besuchen, die vielgelobt in der vergangenen Saison als Koproduktion mit dem Tiroler Landestheater herauskam. Die Handlung der 1947 in Glyndebourne uraufgeführten Opern-Satire( Text Eric Crozier)ist rasch erzählt. Die Honoratioren des kleinen englischen Städtchens Loxford küren einmal im Jahr unter der Leitung der prüden Lady Billows ein Mädchen zur „Maien-Königin“. Diesmal entspricht niemand den sittenstrengen Auflagen. Und man wählt zuletzt einen schüchternen, introvertierten Burschen – Albert Herring. Doch der versäuft sein „Sieggeld“ und beginnt sich aus der Umklammerung der Mutter bzw.der scheinheiligen „Sittenwächter“ zu lösen. Elisabeth Flechl ist eine stimmlich eindrucksvolle im Spiel fast zu junge Lady Billows, ihre schrullige Haushälterin Florence wird von Martina Mikelic perfekt verkörpert, Cornelia Horak ist eine vokal höchst erfreuliche Schuldirektorin, Morten Frank Larsen gibt einen verklemmten Pfarrer, Jeffrey Treganza einen temperamentvollen Bürgermeister und Andreas Mitschke einen jähzornigen Polizei-Chef. Die titelgebende Hauptrolle wird von Daniel Johannsen verkörpert. Ein optisch noch wirklich schlaksiger Halbwüchsiger mit einer Stimme in Richtung Counter. Seine Sauforgie als Rebellion überzeugt. Bleiben noch zu erwähnen: Christiane Marie Riedl als Bäckerstochter, Julian Orlishausen als Metzgerbursche und Elvira Soukup als „volltönende“ allzu dominante Mutter. Wie gesagt: Hingehen und Genießen! Es gibt doch angeblich eine Britten-Renaissance…
Peter Dusek