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WIEN / Völkerkunde: BÖN

03.02.2013 | Ausstellungen

WIEN / Museum für Völkerkunde:
BÖN – Geister aus Butter.
Kunst & Ritual des alten Tibet
Vom 1. Februar 2013 bis zum 1. März 2013

Besuch der fremden Götter

Im Grunde ist es ein „Gastspiel“, das sich derzeit einen Monat lang im Museum für Völkerkunde am Wiener Heldenplatz begibt. Ein Raum der Ostasien-Sammlung ist exquisiten Objekten der Bön-Kultur und –Religion gewidmet, aber darüber hinaus gibt es „Bön live“, wenn man es so bezeichnen kann. Lama Yangön Sherab Tenzin (Abt eines Bön-Klosters in Nepal) und seine Priester werden im Hof des Museums, der sie als Raum entzückt hat („Das ist ja ein Mandala!“), traditionelle Bön-Rituale durchführen. Das Publikum ist eingeladen, live oder auf der Homepage des Museums per Live-Übertragung dabei zu sein.

Von Renate Wagner

Bön – die Geschichte Vom Schamanenglauben der ältesten Völker Tibets ausgehend, war Bön in Tibet die vorherrschende Religion bis zum Auftreten des Buddhismus im 8. Jahrhundert nach Christus (die Religion wanderte nach dem Tod von Siddhartha Gautama um ca. 400 v. Chr. in den Norden). Die neue Lehre wurde zur Staatsreligion, Bön trat dagegen in den Hintergrund, wurde teilweise auch verfolgt, ging aber nie verloren. Die Religion wurde auch ab den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts mit ins Exil genommen, als viele Tibeter vor den Chinesen flohen. Heute ist es die Religion von etwa 100.000 Exiltibetern. Im Land selbst hängen etwa 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung ihren alten Ritualen an.

Bön und der Buddhismus Bön ist älter als der Buddhismus, hat aber mit diesem so lange Haus an Haus nebeneinander gelebt, dass die materielle Kultur dieser beiden Religionen für Laien nicht zu unterscheiden ist. Es gibt nur einige signifikante Unterschiede – so umkreisen die Anhänger der Bön-Religion die heiligen Monumente nicht wie die Buddhisten im Uhrzeigersinn, sondern in die andere Richtung (dasselbe gilt für das Drehen ihrer Gebetsmühlen). Auch ist Blau für sie eine zentrale Farbe. Im übrigen blickt man auf 1200 Jahre der Überlappung und gegenseitigen Beeinflussung zurück.

Das Wesen von Bön Die Anhänger der Bön-Religion glauben, dass Götter und Geister die Welt ebenso bewohnen wie die Menschen, dass es gute Mächte und böse Dämonen gibt, die man durch genau festgelegte Rituale bannen muss. Im Tempel dienen die Objekte am Altar als materielle Unterstützung für die Priester. Für diese Rituale, wie man sie nun auch in Wien durchführen wird, benötigen die Priester Zutaten, die – so grotesk es klingt – an die Beschwörungen Samiels durch Kaspar in der Wolfsschlucht erinnern: das linke Ohr eines Yaks, der Schlund eines Schafs, sogar ein Hundskopf wurde benötigt, aber darauf verzichtet, als man klarmachte, dass dies in Europa nicht möglich ist… Das Endziel der Bön-Anhänger ist es (letztlich wie im Buddhismus), den ewigen Kreislauf der Wiedergeburt zu durchbrechen und nicht mehr auf diese Welt zu müssen… Dass Objekte, wie der Titel der Ausstellung besagt, aus Butter und auch Mehl hergestellt werden, verweist auf das Prinzip der Vergänglichkeit, das streng im Glauben verankert ist.

Die Objekte der Ausstellung Das Zentrum eines Bön-Klosters ist der Altar. Bei der Presseführung konnte man noch Zeuge sein, wie dieser aus Teigplastiken von Mönchen – ganz in zivil, im T-Shirt – in ruhiger, konzentrierter Arbeit hergestellt wurde. Unter den ausgestellten Objekten finden sich Wandbilder, Teppiche, Bilder, Masken, Schriften – und es ist selbstverständlich ausgeschlossen, dass man als normaler Museumsbesucher hier wirklich Erkenntnisse gewinnen kann, die wohl nur durch jahrzehntelange Beschäftigung mit dem Thema errungen werden können. Aber es reicht, sich einfach faszinierende Stücke einer fremden Welt zu betrachten – einen Stammbaum von Göttern auf einem Wandbehang, teils schaurige Masken (darunter von einem Totenkopf), und wenn man auch nicht wirklich begreift, worum es im einzelnen geht, ist das Manuskript eines Bestattungsrituals für Frauen aus dem 12. Jahrhundert eine evidente Kostbarkeit. Man muss geradezu froh sein, dass die Flüchtlinge so viele alte Gegenstände aus dem Land gebracht haben, denn im heutigen Tibet, das bewusst immer „chinesischer“ gemacht wird, kämen sie zweifellos unter die Räder.

Katalog Es gibt einen Katalog zu Ausstellung, aber offenbar fehlte das Geld, ihn auch in Buchform anzubieten. Immerhin ist er als Link unentgeltlich jedermann zugänglich. Schön, aber nicht sehr lesefreundlich gestaltet, kommen beim Versuch des Downloads die so wichtigen Bilder nicht mit. Altmodische Leute halten dergleichen lieber in Händen, statt lange am Bildschirm zu lesen. Immerhin – besser als gar nichts.
www.univie.ac.at/boen_geisterausbutter

Auskunft über die Veranstaltungen:
http://www.ots.at/redirect/boen-geister-aus-butter_programm

Täglich außer Dienstag 10 bis 18 Uhr

 

 

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