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WIEN/ Theater an der Wien: VIER LETZTE LIEDER – UND EINE WAGNER-FILMBIOGRAPHIE

01.01.2015 | Konzert/Liederabende

Theater an der Wien: Vier letzte Lieder (Strauss) und eine Wagner – Filmbiographie

am Silvesterabend im Theater an der Wien.

 Es ist nicht eindeutig, ob wir aus einem Konzertsaal oder aus dem Kino berichten – so unterschiedlich waren die beiden Teile der Silvesterveranstaltung im Theater an der Wien.

Unterschiedlich, aber beide in hervorragender Qualität dargeboten.

 Als logischer Abschluß des „Richard Strauss–Jahres“ wurden „Vier letzte Lieder“ von Angela Denoke beeindruckend interpretiert. Die deutsche Sopranistin gehört derzeit zweifellos zu den führenden Strauss – Sängerinnen und lässt die wunderschönen – aber auch berüchtigten – Strauss-Bögen mit Leichtigkeit und Schönheit fließen. Die warm und edel timbrierte Stimme klingt vom Mezzo bis in höchste Höhen klar und wohlklingend. Die Freude an den wunderschönen Liedern wird deutlich durch die Orchesterversion – anstelle der aus wirtschaftlichen Gründen oft gewählten Klavierbegleitung – erhöht. Unter konzentrierter und einfühlsamer Leitung von Constantin Trinks bereitete das ORF Radiosymphonieorchester eine würdige Basis für das symphonische Genie Richard Strauss.

 Die Lieder „Frühling“, „September“ und „Beim Schlafengehen“ (Text Hermann Hesse) sowie „Im Abendrot (Text: Joseph von Eichendorff) beschreiben sowohl die Trauer von Richard Strauss über den Untergang der Deutschen Kultur als auch die Hoffnung und den Glauben an eine Wiederauferstehung aus den Trümmern, die ein verbrecherisches Regime hinterlassen hat. Das Bewusstsein der eigenen Endlichkeit kommt besonders „Im Abendrot“ in berührender Zartheit zum Ausdruck.

 Nach der Pause kamen wir in den Genuss einer Rarität: Der Filmbiographie über das Leben von Richard Wagner – ein 1913 zum 100. Geburtstag entstandener Stummfilm – teils an historischen Schauplätzen gedreht und von ZDF/ARTE fachmännisch wiederhergestellt.

 Dieses Filmdokument aus der Kinderstube der Cinematografie wurde von dem Multitalent Giuseppe Becce nicht nur inszeniert, er verkörperte Wagner auch eindrucksvoll mit großen Stummfilmgesten; nicht zuletzt adaptierte und komponierte er die Filmmusik mit Werken von Haydn, Mozart, Beethoven und Rossini – die Musik Wagners wurde aus Urheberrechtsgründen nur inform von Zitaten – leicht verfremdet – verwendet, stellte aber mit den Leitmotiven aus allen Opern (ab Rienzi) einen roten Faden durch das Schaffen Wagners dar. Auf der Basis von Becces erhaltenem Klavierauszug schuf der Komponist Bernd Schultheis eine filmdramaturgisch geeignete Partitur, die zum Glück auch jetzt – nach Ablauf der urheberrechtlichen Schutzfrist – unverändert gespielt wurde.

 Constantin Trinks strahlte mit jeder Geste und auch mit köstlicher Mimik die Begeisterung aus, mit der er dieses Projekt erarbeitet hatte und fand im ORF Radiosymphonieorchester kompetente und motivierte Partner, die die vielen Stilwechsel zwischen den verschiedenen Komponisten zu einem harmonischen Ganzen formten. Mit dieser Leidenschaft hat uns der junge Dirigent anlässlich seines Interviews in der Galerie des Online-Merkers neugierig gemacht und wir haben es nicht bereut, heuer den Jahreswechsel – abseits von Fledermaus und Beethovens 9. Sinfonie – mit einem Raritätenprogramm im Theater an der Wien zu feiern.

 Ein erfolgreiches Jahr 2015 wünschen

 Maria und Johann Jahnas

 

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