16.11.2019 Theater an der Wien „La Vestale“
Der Rezensent ist ratlos. Soll er eine Kritik zu diesem Nicht-Ereignis schreiben oder sein Missfallen durch Schweigen bekunden? Schweigen lässt sich schriftlich nicht gut darstellen, daher will ich doch – in übertragenem Sinne – ein paar Zeilen zu Papier bringen.
Man hat dem verdienten Musiker Gaspare Spontini keinen Gefallen getan, seine beste Oper aufzuführen. Musikalischer Leerlauf in Form von endlosen Rezitativen, keine zündende Arien, kein musikalisches Feuerwerk im Orchester, ein schwaches Libretto (Victor-Joseph Etienne de jouy), dazu ein ziemlich ratloses Leading Team: Die Inszenierung von Johannes Erath lässt viele Fragen offen, die man gar nicht stellen müsste, wenn er einfach die Handlung der Oper Norma, aber mit Happy-End (Originalzitat Bertrand de Billy) erzählt hätte. Die Mehrschicht-Bühne (Katrin Connan) bietet den Darstellern viele Möglichkeiten, ratlos herumzustehen oder -gehen. Zum Ende wird es wenigstens bunt. Die Kostüme (Jorge Jara) könnten aus einer Verleihanstalt in der Nähe des Theaters stammen. Die Lichtregie (Bernd Purkrabek) versuchte, dramaturgisch „Licht ins Dunkel“ (copyright ORF) zu bringen.
Der zähe Musikbrei wird von den Protagonisten mit bemerkenswertem Eifer präsentiert. Elza van den Heever sang die Titelrolle mit großem Impetus, manchesmal allerdings zu laut. Claudia Mahnke als Oberste Vestalin hatte die Akustik in diesem Haus besser im Griff, ihr klangschöner Mezzo-Sopran konnte gut gefallen. Auch Michael Spyres konnte in der Partie des Licinius reüssieren, seine kräftige Stimme war vor allem in der Mittellage sehr präsent. Franz Josef Selig als Hoherpriester und Dumitru Madarasan als Wahrsager, sowie Sebastien Gueze als Cinna komplettierten das Bühnenensemble.
Bertrand de Billy dirigierte mit großem Einsatz ein nicht in Bestform spielendes Orchester. Den Arnold Schönberg-Chor konnte man dieses Mal nicht in gewohnter Perfektion erleben, da gab es manchen verwackelten Einsatz und auch kleine Intonationsschwächen.
Am besten, man vergisst diesen Abend so schnell wie möglich.
ohannes Marksteiner