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WIEN/ Theater an der Wien: HANS HEILING – MISSING LINK ZWISCHEN WEBER UND WAGNER. Premiere

13.09.2015 | Oper

Theater an der Wien: MISSING LINK ZWISCHEN WEBER UND WAGNER: KOMPAKTE WIEDERENTDECKUNG VON „HANS HEILING“ VON HEINRICH MARSCHNER(13.9.2015)

Die Handlung dieser 1833 in Berlin uraufgeführten „Romantischen Oper“ könnte man als männliches Gegenstück zur Undine bezeichnen. Der Sohn des Erdgeister-Königs drängt trotz Verbot zur Liebe mit Menschen. Genauer zu Anna, seiner Braut. Das Ende ist jedenfalls  fatal. Musikalisch irrlichtert der Fliegende Holländer von Richard Wagner – er entstand 10 Jahre später –   durch die Partitur von Heinrich Marschner.  Das Theater an der Wien macht  jedenfalls mit einer kompakten Realisierung auf ein Werk aufmerksam, das als „Missing Link“ zwischen  Carl Maria von Weber (UA  Freischütz 1821) und Richard Wagner (UA Fliegender Holländer 1843) bezeichnet werden kann.

Die Sänger sind zumeist solide, die beiden Hauptsäulen sind das ausgezeichnete Radiosymphonieorchester Wien unter dem jungen deutschen Dirigenten Constantin Trinks sowie der ambitionierte Arnold Schönberg-Chor (Leitung Erwin Ortner).

Die Regie hat erstmals der „Hausherr“ Roland Geyer übernommen. Gemeinsam mit Herbert Murauer (Bühne), Sibylle Gädeke (Kostüme) und Ramses Sigl (Choreographie) mutiert er das mittelalterliche Märchen in eine surreale Parabel, die irgendwo zwischen einem  Friedhof, dem  Pseudo-Dorf-Idyll der 50er Jahre und einem riesigen Gefängnis angesiedelt ist. Die Personen-Führung ist zumeist  konventionell, der Chor wirkt  fallweise verklemmt (Dorf-Szene) oder zu statisch– aber das Geyer-Debüt ist insgesamt gelungen.

Bei den Sängern dominieren die Frauen. Angela Denoke ist eine sinnlich-klammernde Inzest-Mutter mit sinnlichem Legato. Ihr gebührt ein Sonderlob! Katerina Tretyakova eine fröhlich-tragische Anna. Die russische Sopranistin wirkt erfrischend direkt, die Höhe strahlt. Leider ist der Sänger der Titelrolle, Michael Nagy, nicht gleichwertig. Er neigt zum Distonieren, wirkt im Forte überfordert und es fehlt im das nötige „Geheimnis“. Blass auch der Gegenspieler Konrad. Peter Sonn wirkt weinerlich und singt oft zu flach. Ausgezeichnet hingegen Stephanie Houtzeel (von der Wiener Staatsoper) als Mutter von Anna. Insgesamt macht die Produktion neugierig auf weitere Stücke von Heinrich Marschner – dessen Vampyr-Oper  etwa selten aber doch gegeben wird. Die Musik zu „Hans Heilig“ schwankt zwischen Lortzing und einem fallweisen Vorgriff auf Richard Wagner. Am bekanntesten ist die Ouvertüre, die erst  nach einem szenischen  Vorspiel erklingt. Das RSO und Constantin Trinks nützen jedenfalls die Chance für eine fulminante Wiedergabe. Apropos Bekanntheitsgrad. Was heute im Theater an der Wien  als Rarität aufgeführt wird war früher so populär, dass man in den Fresken im Original-Teil der Wiener Staatsoper von 1869 Szenen aus „Hans Heiling“ finden kann. Wie sich auch der Ruhm ändern kann…

Peter Dusek

 

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