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WIEN/ Theater an der Wien: Das Hamburg Ballett bittet zu Beethoven. Beethoven Project II

28.08.2021 | Ballett/Performance

Theater an der Wien: Das Hamburg Ballett bittet zu Beethoven (29.8.2021) 

"beethoven projekt ii", ballett von john neumeier; tänzer: hél

„Beethoven-Projekt II“, Ballett von John Neumeier; Tänzer: Hélène Bouchet, Aleix Martínez. Copyright: Kiran West

John Neumeier auf Besuch in Wien – und dies ist immer ein voller Erfolg für den Choreographie-Magier aus Milwaukee. Beinahe ein halbes Jahrhundert ist es nun schon her, dass er die Leitung des Balletts der Hamburgischen Staatsoper übernommen hatte. Mit dem seit 1973 nach wie vor von ihm geführten Hamburg Ballett ist er auf zwei Tage als Gast in das Theater an der Wien gekommen. Mit Notenpapier von Ludwig van Beethoven im Reisegepäck. „Meine Seele ist erschüttert / Beethoven-Projekt II“ steht über dem heuer uraufgeführten zweistündigen pausenlosen Abend. Probleme für das gestandene Wiener Publikum im historischen Haus? Sicher nicht. Und wirkt diese Beethoven-Paraphrase nicht wie ein Alterswerk des fast nun schon 80jährigen doch jung gebliebenen Meisterchoreographen? Ganz und gar nicht. In seinen intellektuell geprägten Kreationen bedient er sich mit allen Raffinessen der Möglichkeiten und Manieren des heute aktuellen Bühnentanzes, mischt empathische Gestaltung mit  theatralischen Effekten zu einer abwechslungsreichen und vitalen Tanzshow.   

Hat sich in dieser ‚Seelen erschütternden‘-Szenenfolge ein zeitgemäß neues Beethoven-Bild zu erkennen geben? Etwas unpathetisch pathetisch beginnt es kammermusikalisch verhalten mit Violin-, Klaviermusik sowie „Christus am Ölberg“-Gesang am vordersten Rande der Bühne. Dazu kommt auch eine Garnierung mit leicht skurrilen Verzerrungen und Spielereien. Und mit der dahin galoppierenden 7. Symphonie klingt es überaus locker und  beschwingt aus. Beethoven lernen wir in diesen wechselnden Vexierbildern als Doppelgänger kennen, als ein seelisch vertrackter Verunsicherter und konträr gleichsam wie ein siegessicherer Überirdischer. Zum schönen Tanz gehört natürlich auch eine ferne oder doch nahe Geliebte. Könnte dies nicht auch irgendwie zu einem Tschaikowski- oder Bruckner-Portrait passen? Beethovens musikalische Aussagen erklingen in all ihrer Schönheit, Neumeiers elegante Tänzergarde brilliert – und somit haben sich die Gäste aus Hamburg den Wiener Jubel wohl verdient.     

 

Meinhard Rüdenauer

 

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