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WIEN/ Tanzquartier: HOLZINGER! HOLZINGER! Florentina Holzingers Nacktladies Show „Ophelia´s Got Talent“

19.04.2023 | Ballett/Performance

Tanzquartier Wien im Volkstheater: Florentina Holzingers Nacktladies Show „Ophelia´s Got Talent“ (18.4.2013)

Das Wiener Tanzquartier triumphiert:

Holzinger !

Holzinger !

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Florentina Holzinger. Foto: Elsa Okazaki

Drei Gastspielabende im Volkstheater, ein jubelndes überwiegend junges, jüngeres Publikum. Für dieses ist das von der Berliner Volksbühne geholte Spektakel – eine Koproduktion mit Institutionen in Rotterdam, Hamburg, Lausanne, etc.– als ein Statement eines offenen, aufnahmebereiten Zeitgeistes anzusehen.

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Copyright: Gordon Welters

„Ophelia´s Got Talent“ heißt es sophisticated, und pausenlose zweieinhalb Stunden toben ein Dutzend Ladies in aller Nacktheit, Holzingers Markenzeichen, herum. Völlig unbefangen. Alles andere als Tanztheater ist mitzuerleben, es ist eine extrem aufwendige wie ausgeklügelte Performance. Die Damen wirken jedenfalls in keinster Weise als Sex-Attraktionen, sind wohl auch nicht die Jüngsten, verführen nicht mit Idealfiguren. Aber auch mit Behinderten wird im bestens harmonierenden Team manipuliert. Auf zwei großen Videowänden ist köstlich so manch echt herrlich ironisierendes Mienenspiel mitzuverfolgen. Und im Finale werden sogar kleine Mädchen, nicht gar so entblösste, zur Future-Apperzeption eingespannt. Was könnte man über das vom Publikum so positiv aufgenommene Trara sagen? Vielleicht …. eine maßvolle Brutalo-Show mit gewissen Minderungsgründen. Und einigem Unterhaltungswert.

Die 37jährige Wienerin Florentina Holzinger, zur Zeit in Berlin mit der dortigen Volksbühne verbandelt, als Tänzerin ausgebildet und hier selbst auf der Bühne recht herb und ohne auf frauliche Reize bedacht agierend, zeigt Charakter, zieht ihre Ideen zielstrebig und voll durch. Ohne Genierer, stimmig mit Perfektion, mit professioneller Könnerschaft. Ihr Kreativsystem: Stücklein an Stücklein gereiht, einer Grundidee folgend ausgelotet. Wasserspiele mit Frauen haben diesmal der Ramasuri zu dienen. Die im Wasser treibende tote Ophelia, Leda und der Schwan, Undine, Sirenen, Meerjungfrauen werden auf modisch-schick parodiert. Das ergibt sehr wohl seine Holzinger-Reize.

Alles mit immensem Aufwand: Die Bühne ist mit zum Schwimmen einladenden und gründlich benützten Wasserbecken bestückt. Am Rande bittet ein großer Wasserbehälter zu Apnoe-Wagnissen. Ein Hubschrauber senkt sich, dient den ausgelassen in der Höhe schwebenden geilen Akrobatinnen als Befriedigungsobjekt. Na ja, zu kraftvollem Sound nur so lustvoll weiter mit Selbstverstümmelung und Käp´ten Hook-Maskerade und Schimpfereien, manch grausiger Passage, einer lockeren Populärjury-Persiflage, mit Matrosentänzen und Seilakrobatik. Und zum Ausklang, wohl folgerichtig, ein eher harmlos-wässriges Blutbad. Zur Schwimm-Orgie gibt es auch Klassik-Zitate wie Schillers Ballade „Der Taucher“ zu hören. Die alte Kultur wird als Trittbrett für ein Modespektakel benutzt.

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Copyright: Nicole Marianna Wytyczak

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Copyright: Nicole Marianna Wytyczak

In „Ophelia´s Got Talent“ wird aktuelle theatralische Denkweise von Florentina Holzinger in Gemeinschaftsarbeit sehr effektvoll demonstriert. Es geht dabei nicht um Tiefenwirkungen (wohl wird damit gespielt), sondern es ist eine Kunst des Manipulierens. So im Rückblick gesehen: Dies ist sicher eine außergewöhnliche Show, mit Kalkül im gepflegten Sektor Trash angesiedelt. 

Meinhard Rüdenauer

 

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