Wien: Performances im studio brut: Huggy Bears mit starken Charakteren 12.11.2025
Huggy Bears Days im studio brut, der Spielstätte der freien Wiener Szene. Huggy Bears? Seit 2016 wird unter dieser Bezeichnung eine innovative Perfomancekunst vom Bund in Zusammenarbeit mit anderen Institutionen gefördert. Und, wertvoll: Die beiden an einem Abend gezeigten Performances aus diesem Förderungsprojekt bieten keine oberflächlichen Shows. Beide haben Tiefgang, sind wohl eher für ein Fachpublikum gedacht, beide warten mit ausgepielten Überlängen auf. Und beide sind von starken Charakteren gezeichnet.

François-Eloi Lavignac „Fifth position“ © Iris Writze
Vor dem Sommer ist der 30jährige Franzose Francois-Eloi Lavignac noch als Halbsolist des Staatsballetts auf der Bühne der Wiener Staatsoper gestanden. Fünf Saisonen lang. Der zuletzt vollzogene Direktionswechsel hat eine ungemein große Fluktuation in der Kompanie mit sich gebracht. Und da im rund hundertköpfigen Opernballett fast keine Österreicher mehr engagiert sind, so sind einige bestens bewährte ausländische TänzerInnen auf Wiener Boden wohl eher hart gelandet. Lavignac zählt zu diesen. Und mit Hilfe von Huggy Bears hat er sich in Wien unter die freien Choreographen gereiht. „Fifth Position“ ist dieses Solo betitelt. Und es ist, ohne in Sentimentalität zu fallen, die tragische Reflexion über jugendliches Lebens, über die Träume, die angestrebte Karriere, die Erwartungen und ständigen Enttäuschungen eines perfekt ausgebildeten Ballerinos zwischen den Geschlechtern. Hilflos in der Sinnsuche, immer wieder sich verschämt versteckend, dann sich doch hoffnungsfroh den vorgegeben Attitüden und der fifth position im Ballettsaal hingebend. Höchst eindringlich dargestellt, nur von spärlichen Musikeinblendungen untermalt. Lavignac zeigt hier das wahre Gesicht des heutigen Kulturbetriebes mit all den Facetten menschlicher Probleme.

Laureen Drexler & Giorgia Scisciola „PIERRE“ © Doron Nadav
Nicht minder konsequent hat die Wiener Tänzerin Laureen Drexler mit ihrer Partnerin Giorgia Scisciola das Duo „Pierre“ (franz.: der Stein) erarbeitet. Ausdruckslos führen beide gleich schwesterlich Gekleideten in anfänglich extremster Gelassenheit ein eigenartiges, sehr persönlich geprägtes Körperspiel zum Thema gegenseitiger Unterdrückung vor. Konflikte entwickeln sich. Dies wirkt auch, als ob zwei Seelen in einem Körper nach ihrer Eigenständigkeit suchen würde. Es formt sich eine ebenfalls sehr ausgedehnte Piece, welche Geduld vom Betrachter fordert. Und auch hier: Bestechend durch eine von Charakter geprägten Aussage.
Meinhard Rüdenauer

