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WIEN/ Staatsoper/Staatsballett: PEER GYNT- Poetische bewegende Momente auf einer skurrilen Reise zu sich selbst

28.01.2018 | Ballett/Performance

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Peer Gynt und Solveig: Denys Cherevychko und Nina Poláková. Copyright: Ashley Taylor

27.1.2018: „PEER GYNT“. – Poetische bewegende Momente auf einer skurrilen Reise zu sich selbst

Choreograf Edward Clug entführt mit der ihm eigenen zeitgenössischen Bewegungssprache in seiner Fassung von Peer Gynt in eine (Bühnen)Welt, die vom realen Dorfleben in die phantastische Welt der Trolle führt, dann in die Weiten Marokkos, die Enge des Irrenhauses und zurück in die Heimat. Viele Metaphern durchziehen das kompakte Bühnenbild von Marko Japelj, wie der Fels mit der wartenden Solveig oder die geschlossene elliptische Bahn, auf der sich Peer im 1. Akt vornehmlich laufend bewegt, die vorgegebene Bahn des Lebens symbolisierend. Im 2. Akt ist diese Bahn gebrochen, wird bruchstückhaft wieder zusammengefügt, wenn er heimkehrt. (Kostüme: Leo Kulaš, Licht: Tomaž Premzl).

Dieser Antiheld ist ein Sonderling, ein Lügner und Tagträumer, einer der stets auf der Suche ist und so durchs Leben reist, bis er am Ende zurückfindet und erkennt, dass er das, wonach er so lange überall gesucht hatte, immer ganz nah vor sich hatte, aber es nicht erkannt hat. Clug, der auch das Libretto verfasst hat, sieht sich auch als Regisseur, der die einzelnen Szenen dirigiert. Mit dieser 2015 für seine eigene Compagnie am Slowenischen Nationaltheater Maribor geschaffenen Kreation, die sich bereits international im Repertoire vieler Ensembles befindet, hat er seinen persönlichen Zugang zu diesem nordischen Thema gefunden, das Henrik Ibsen zunächst in einem Versdrama veröffentlicht und es später zu einem Bühnenwerk umgearbeitet hat. Als Musik hat Clug Kompositionen von Edvard Grieg gewählt: Nicht nur Ausschnitte aus „Peer Gynt“  sind zu hören, auch andere Werke wie Ausschnitte aus dem 1. und 3. Satz des Streichquartetts Nr. 1, op. 27 oder 2. und 3. Satz des Konzerts für Klavier und Orchester a-moll, op. 16. Dazu kommen noch Geräusche wie plätscherndes Wasser, Vogelgezwitscher und summende Insekten.

Nach der erfolgreichen Premiere von „Peer Gynt“  am vergangenen Sonntag war nun erstmals die Alternativbesetzung zu sehen. Ballettchef Manuel Legris hatte dem Choreografen Edward Clug freie Hand gelassen, sich die Interpreten für „Peer Gynt“ auszusuchen. Die Wahl fiel in der Titelfigur auf zwei ebenso persönlichkeitsstarke wie unterschiedliche Tänzer. Während Jakob Feyferlik den unbekümmerten, doch eher sanften Peer verkörperte, gibt sich Denys Cherevychko eher forsch und dynamisch. Sich fast gänzlich vom klassischen Hintergrund gelöst habend, taucht Cherevychko hier tief in die ungewohnten Bewegungsmuster ein und verausgabt sich in dieser tänzerischen Auseinandersetzung, so sehr identifiziert er sich mit der Figur des Peer Gynt. Er hält damit die Spannung bis zuletzt, ist konzentriert und gesammelt, berührt und bewegt.

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Peer Gynt und die Frau in Grün: Denys Cherevychko und Nikisha Fogo und Ensemble. Copyright: Ashley Taylor

Noch einige weitere Debuts machen die erneute Begegnung mit diesem Werk spannend: Nina Poláková  überzeugt als sanft und geduldig wartende Solveig, Nikisha Fogo gefällt als schillernde Frau in Grün. Zu den weiteren Frauengestalten, die den Weg von Peer Gynt auf der Suche nach sich selbst und der Liebe kreuzen zählen Eszter Ledán als verführte und entführte Braut Ingrid und Céline Janou Wieder als verführerische Anitra. Alexis Forabosco gibt erstmals den streitfreudigen Schmied Aslak.

Zsolt Török besticht erneut durch majestätische Würde und stolze Erhabenheit als Hirsch. Franziska Wallner-Hollinek verkörpert die ihren Sohn stets liebende Mutter Åse. Igor Milos verleiht dem verlassenen Bräutigam Kontur. Andrey Kaydanovskiy fasziniert durch Ausdrucksstärke und Präsenz als Tod. Das Corps de ballet verdichtet in seinen Auftritten durch synchrone und originelle Bewegungsfolgen. Das Orchester unter der Leitung von Simon Hewitt begleitet stringent von dramatisch bis romantisch; in elegischer Schönheit perlt das Spiel von Shino Takizawa am Klavier.

Ein feiner, stimmiger manchmal poetischer und  jedenfalls ungewöhnlicher und sehr sehenswerter Ballettabend. Ira Werbowsky

 

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