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WIEN /STAATSOPER/Gustav Mahler-Saal: Kammermusik der Wiener Philharmoniker / Hommage an Rainer Küchl

04.02.2017 | Konzert/Liederabende

STAATSOPER/Gustav Mahler-Saal: Kammermusik der Wiener Philharmoniker / Hommage an Rainer Küchl(Matinee 4.2.2017 – Karl Masek)

Dvorak-Quintett
Rainer Küchl, Daniel Froschauer, Rudolf Buchbinder, Heinrich Koll, Robert Nagy. Foto: Andrea Masek

Saison 1970/71: Es war damals eine Sensation. Ein 20-Jähriger aus Waidhofen an der Ybbs – im 7. Studienjahr beim legendären Lehrer Franz Samohyl– wird als direkter Nachfolger eines gewissen Willi Boskovsky (= der legendäre Neujahrskonzert-Dirigent mit der Geige) Konzertmeister der Wiener Philharmoniker. Erste Vorstellung 1971: Eine „Ariadne auf Naxos“.  Sein Name: Rainer Küchl.

Richard Strauss bleibt eine seiner besonderen Domänen. Viele aus dem langjährigen Opernpublikum haben heute noch seine Violinsoli aus dem „Rosenkavalier“ oder aus der „Frau ohne Schatten“ im Ohr. Auch das besonders heikle Solo aus Strauss‘ „Heldenleben“ spielte er oft. Einmal sogar unter Carlos Kleiber.

Unglaubliche 45 Jahre lang war Küchl Konzertmeister der Wiener Philharmoniker und an der Wiener Staatsoper. 1976 Gründung des Küchl-Quartetts. Bis heute hat er im Musikverein einen eigenen Quartett-Zyklus.

Nun, seit September 2016 „Im Ruhestand“, widmet sich Küchl – seit 2001 Ehrenmitglied der Wiener Staatsoper – mit vielleicht noch größerer Energie der Kammermusik.

Nachzuhören bei der Samstag-Matinee im Gustav Mahler – Saal. Eine Hommage, der sich Rudolf Buchbinder und acht weitere Philharmoniker musikalisch anschlossen. Vier davon ebenfalls bereits im Ruhestand.

Mendelssohn Oktett
Rainer Küchl, Daniel Froschauer, Günter Seifert, Peter Wächter, Franz Bartolomey, Peter Götzel, Heinrich Koll, Edison Pashko. Foto: Andrea Masek

Aber was für ein prachtvoller Vormittag! Zwei besondere Schätze der Kammermusik-Literatur (Antonin Dvořak: Quintett A-Dur op. 81 für 2 Violinen, Viola, Violoncello und Klavier und nach der Pause: Felix Mendelssohn-Bartholdy: Oktett Es-Dur op. 20 für 4 Violinen, 2 Violen und  2 Violoncelli). Ein genialer Wurf des 15-Jährigen, etwa zeitgleich zur „Sommernachtstraum“- Ouvertüre entstanden.

Küchl verwendet das Wort „Sternstunde“ nicht allzu gerne. „Wenn man die Latte hoch legt, dann gibt es in dreißig Jahren ein oder zwei Aufführungen, von denen man sagen kann, das war etwas Besonderes“, so Küchl mit leichtem Understatement in Walter Dobners Buch „Zu Gast bei den Wiener Philharmonikern“. Dann fallen jedenfalls Dirigentennamen wie Karajan, Bernstein, Carlos Kleiber – und mit besonderer Betonung: Carlo Maria Giulini…

Sagen wir also: Diese Matinee war keine Sternstunde, aber es waren hinreißende eineinhalb Stunden, die uns von (Alt)meistern geschenkt wurden. Im ersten Satz des Dvořak – Klavierquintetts (Allegro, ma non tanto) war noch gewisse Verspanntheit zu spüren, man wollte da vielleicht „zu viel auf einmal“, aber rasch hatte man sich frei gespielt, der wunderbare Kammermusiker Rudolf Buchbinder (was kann der eigentlich nicht?) steuerte vom Piano aus ganz unauffällig, atmete mit den Streichern mit, der 2.Satz (Dumka) hatte schon die ideale Mischung aus melancholischem Duktus und tänzerischem Schwung. Furiant und Allegro-Finale mit Polkatönen und fulminanter Stretta kamen temperamentvoll, feurig, mit saftiger Tongebung. Küchl, Buchbinder  und die Mitstreiter Daniel Froschauer (Violine), Heinrich Koll (Viola) und Robert Nagy (Violoncello) spielten wunderbar gleichgestimmt. Die Körpersprache der fünf entspannte sich von Minute zu Minute und man spürte die Freude der Interpreten, die sich ins Auditorium fortpflanzte. Bravorufe schon zur Pause.

Das Mendelssohn – Oktett war bei hochgelegter Latte eine prächtige Wiedergabe von Freunden, die einander schon „ewig“ kennen und schätzen, die einander „blind“ verstehen und in diesem effektvollen Werk zu leicht-luftigen Klängen, zu entfesselter Spielfreude finden. Das Scherzo. Allegro leggerissimo kommt tatsächlich daher wie Wolkenflug und Nebelflor erhellen sich von oben. Luft im Laub und Wind im Rohr, und alles ist zerstoben (©Faust I, Walpurgisnacht-Szene, von Mendelssohn als Motto für diesen Satz genommen). Und wie die beiden Celli im Presto Finale das Perpetuum mobile-Fugato ankurbeln, das sich dann in ein Furioso hineinwirbelnd über die Violen bis zu den Geigen fortsetzt, muss man gehört haben um zu ermessen, wie übermütig derlei klingen kann.

Ovationen den würdigen, großteils schon älteren Herren (der „Benjamin“ war der Cellist Edison Pashko mit 43 Jahren, der älteste der Bratschist Peter Götzel, Jahrgang 1940), sie alle mit jugendlicher Spielfreude, musikantischem Schwung und ungebrochener, wirbelnder Virtuosität. Weiters „vor den Vorhang“: Günter Seifert und Peter Wächter (Violine), Peter Götzel (Viola) und Franz Bartolomey (Cello).

Der anwesende Direktor Dominique Meyer ermöglichte diese Hommage, Rainer Küchl bedankte sich mit Handschlag bei seinen musikalischen Freunden. Das Publikum jubelte und spendete ausdauernden Applaus. Allen sei zugerufen: Auf noch viele Jahre!

Karl Masek

 

 

 

 

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