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WIEN/ Staatsoper: TURANDOT zur Saisoneröffnung

05.09.2016 | Oper

WIENER STAATSOPER: „TURANDOT“ am 4.9.2016


Marcello Giordani, Lise Lindstrom. Copyright: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

Die neue Saison wurde mit der zweiten Serie der Turandot-Produktion aus der vorigen Saison eröffnet. Das Konzept des Regisseurs Marco Arto Marelli kann nach wie vor nicht überzeugen. Er versucht krampfhaft, den tragischen Selbstmord des Dienstmädchens Doria Manfredi mit der Figur der Liù zu verknüpfen und Calaf als Inkarnation von Puccini darzustellen. Es bleibt nichts als eine nichtssagende Bebilderung mit ein paar Einlagen, die wie eine Werbung für den chinesischen Nationalzirkus wirken und einem Chor, dessen Funktion völlig unklar ist.

Auch die Führung der Solisten bleibt scheinbar mehr dem Zufall überlassen. Immerhin konnte sich der für den nach wie vor erkrankten Johan Botha eingesprungene Marcello Giordani offensichtlich durchsetzen und muss das Nessun dorma nicht mehr auf dem Rücken liegend singen. Er überzeugt überhaupt mit einem sicheren Tenor, der strahlende Höhen zu bieten hat und bei Bedarf auch durchaus ansprechende Pianophrasen singen kann. Das unterscheidet ihn stark von Lise Lindstrom als Turandot. Wenn man die Fähigkeit des Soprans, die Chormassen am Ende des Rätselaktes zu übertönen als einziges Kriterium hernimmt, so kann sie mit ihrer sehr scharfen Stimme diese Anforderung voll erfüllen, aber sobald sie mit weniger Druck oder in der Mittellage zu singen hat (und die Turandot hat gerade im als Fortissimoorgie verschrieenen Alfanofinale einige Pianissimi zu singen) dann ist die Stimme nur noch wenig tragfähig.

Als Doria Manfredi, alias Liù war erstmals Olga Bezsmertna zu erleben.  Sie hat keinerlei Mühe, herrliche klingende Pianohöhen zu produzieren und Mitgefühl zu erzeugen. Dan Paul Dumitrescu als Timur bot wieder seine salbungsvolle Stimme auf. Paolo Rumetz war bei seinem zweiten Einsatz wohl überrascht, dass das Tempo seiner Ankündigung gegenüber dem ersten Akt deutlich verschärft war. Bei den Ministern gab es einen Wechsel und Jinxu Xiahou machte an einigen Stellen darauf aufmerksam, dass hier eine vielversprechende Stimme heranwächst. Seine Kollegen waren wie in der Premierenserie Gabriel Bermudez und Norbert Ernst.

Die entscheidendste Umbesetzung war aber am Pult. Unter Marco Armiliato war es nicht mehr ein Lautstärkewettstreit, sondern das Orchester klang äußerst differenziert und niemals als Kontrahent der Sänger, sondern stets unterstützend. Wie so oft braucht Armiliato dazu nicht einmal eine Partitur. Der von Thomas Lang einstudierte Chor klang präzise und präsentierte sich zum Schluss zur Massenhochzeit.

 

  • Wolfgang Habermann

 

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