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WIEN/ Staatsoper: TRISTAN UND ISOLDE

15.01.2015 | Oper

TRISTAN UND ISOLDE mit neuer Brangäne am 14. Januar 2015

Die Inszenierung von David McVicar erweist sich – inzwischen schon in der zwölften Vorstellung – sehr gut für den Repertoirebetrieb geeignet, ist stimmungsvoll und erzählt die aufwühlende Liebesgeschichte ohne störende Um- bzw. Neudeutungen. Oft wird dem „Tristan“ nachgesagt, dass es keine spektakulären Szenen gibt; dass immer nur zwei bis drei Personen auf der Bühne stehen und mehr oder minder langatmig miteinander kommunizieren. Erstaunlich ist daher, dass ausgerechnet der Versuch des Regisseurs, mit einer temperamentvollen Personenführung der Matrosen etwas „action“ in die Handlung zu bringen, am meisten kritisiert wird. Ob einem die „japanisierten“ Bewegungen (Choreographie Andrew George) nun gefallen oder nicht, gut gestaltet und ausgeführt sind sie allemal. Das einfache, sparsame Bühnenbild von Robert Jones erlaubt ein problemloses Einspringen, was in dieser Serie ja nicht unwichtig ist.

 Infolge der Erkrankung von Petra Lang erlebten wir – nach Michelle Breedt in der ersten Vorstellung – diesmal das Hausdebut von Tanja Ariane Baumgartner, einer jungen, deutschen Mezzosopranistin aus dem Ensemble der Frankfurter Oper und kamen in den Genuss einer gesanglich und darstellerisch hervorragenden Brangäne.

Die elegante, schlanke Sängerin erinnert optisch und in der Stimmfärbung etwas an Elisabeth Kulmann, sie verfügt über eine ausreichend große Stimme mit profunder Tiefe (kein Wunder – sie sang vor kurzem in Frankfurt die Gaea) und über eine edel klingende Mittellage. Als kleiner Wermuthstropfen sei beklagt, dass ihr „Habet Acht!“ zu leise bzw. zu sehr aus dem „off“ kam und sich deshalb nicht optimal mit den Stimmen des Liebespaares verschmelzen konnte. Dieses Detail wird sich sicher leicht verbessern lassen  – es war ja die erste Begegnung mit dem Haus.

 Diese zweite Vorstellung kam schon sehr nahe an eine Sternstunde. Die Basis dazu legte – wie auch schon 2013 – Peter Schneider mit einer unvergleichlich ausdrucksstarken Interpretation, die in den unterschiedlichsten Stimmungen genau dosierte Gefühle gestaltete und an das einfühlsam und perfekt spielende Staatsopernorchester vermitteln konnte. Man konnte von unseren Plätzen auf der Galerie – Seite eindrucksvoll miterleben, wie jede, auch die kleinste Geste des erfahrenen Kapellmeisters vom konzentrierten Orchester in Musik umgesetzt wurde. „Weltatem“ und „Isoldes Liebestod“ gelang mit einer von uns noch nie gehörten Intensität und Ausdruckstiefe sodass wir das starke Bedürfnis verspürten, statt zu applaudieren einfach ruhig sitzen zu bleiben und nach Innen zu hören.

 Die freudige Überaschung in dieser hochkarätigen Besetzung war für uns Irene Theorin als Isolde. Die schwedische Sopranistin, die wir bisher nur als Venus – mit mäßigem Erfolg – erlebt haben, gestaltete eine wunderbare Isolde ohne übermäßiges Vibrato und ohne schrille Spitzentöne. Wir bekommen immer mehr den Eindruck, dass diese unselige Tannhäuser-Inszenierung einen negativen Einfluss auf die Ausdrucksfähigkeit der Darstellerin der Venus ausübt – in diesem Umfeld ist offensichtlich eine authentische Rollengestaltung nicht möglich – wir haben jedenfalls in dieser Inszenierung noch keine gute Venus erlebt.

Doch nun zurück zu Erfreulicherem: Irene Theorin war besonders in dieser Vorstellung eine Isolde mit genügend Kraft für die zornige, verletzte Irenprinzessin, mit sehr viel Gefühl für die Geliebte und mit toller Kondition als Basis für eine eindrucksvolle Gestaltung des „Liebestodes“.

 Einfach sensationell – nur so kann man den Tristan von Peter Seiffert beschreiben. Er singt diese Wahnsinnsrolle noch nicht allzu lange und beweist damit, dass er nicht nur über einen großartigen Heldentenor, sondern auch über eine kluge Karriereplanung verfügt. Auf seinem stimmlichen Zenith ist er in der Lage, den Tristan nicht nur irgendwie durchzustehen, sondern lässt uns über die feinfühlige Interpretation des liebenden Helden mit zarten lyrischen Tönen staunen; die unbändige Kraft bis zum Tod und dann das gefühlvolle „Isolde“ berühren zutiefst.

 Der Marke wirkt bei Albert Dohmen nicht als väterlicher Weichling, sondern stellt in Ausstrahlung und Gesang einen mächtigen König dar, der durch die Umstände in eine verletzbare Situation gebracht wurde. Sein etwas rauher Bass, der aber in allen Lagen schön klingt, unterstreicht diese Persönlichkeit. Er verfügt nicht über eine souveräne, aber über eine ausreichende Tiefe.

 Tomasz Konieczny hat mit dem Kurwenal eine Rolle gefunden, in der seine gaumige Art zu singen nicht stört – er zeigt den wackeren Begleiter des Tristan mit einer authentischen Grobheit – mächtig und bedrohlich. Gabriel Bermundez wirkte gegenüber der ersten Vorstellung stark verbessert und sang einen guten Melot.

 Jason Bridges litt als „Stimme des jungen Seemanns“ unter einer ungünstigen Positionierung im Hintergrund – er war leider mehr zu erahnen als zu hören. Carlos Osuna als Hirt und Il Hong als Steuermann sangen und spielten gut.

 Nun sind wir unschlüssig, ob wir uns für die letzte Vorstellung eine aufstrebende, junge Tanja Ariane Baumgartner oder zum letzten Mal eine wiedergenesene, bewährte Petra Lang wünschen sollen. Glüchlicherweise müssen diese Entscheidung nicht wir treffen.

 Maria und Johann Jahnas

 

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