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WIEN/ Staatsoper: TOSCA – wieder wie neu!

25.3.2023: „TOSCA“ –  wieder wie neu!

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Krassimira Stoyanova, Michael Fabiano. Foto: Michael Pöhn/ Staatsoper

Mit beachtlicher Neubesetzung der drei Hauptrollen und unter dem unvergleichlichen Dirigat von Marco Armiliato durfte man als Stammbesucher die Genialität dieses Puccinischen Meisterwerks zum x-ten Mal bewundernd konstatieren. Wie bei diesem, in den letzten Jahren viel zu selten in Wien eingesetzten Landsmann des Komponisten üblich, lag ihm keine Partitur vor und er konnte, wie gewohnt, seine ganze Aufmerksamkeit der spontanen Koordination von Bühne und Orchester widmen. Und was von der 637. Aufführung in der Inszenierung von Margarete Wallmann nicht ohnedies schon deutlich kundgetan wird, haben Sänger und Musiker unmissverständlich dem Publikum vermittelt: hier geht es um tragische Geschehnisse in drei Akte lang ästhetischem Rahmen – innerhalb einer Kirche, eines noblen Arbeitszimmers des Barons Scarpia und auf der Plattform des Castel Sant’Angelo in Rom. Die zeitgemäßen Kostüme (um 1800) von Nicola Benois sorgen für zumindest äußerliche Ästhetik aller auftretenden Personen incl. Chorsänger und Statisten, was vor allem im Hinblick auf den machtgierigen Scarpia und seine Gefolgschaft der Zwiespältigkeit der Geschehnisse alle Tore öffnet und einen am Ende verschreckt aus dem Hause entlässt. Italienischer Belcanto sorgt jedoch für Opernbeglückung.

Armiliatos wuchtiges Dirigat vor Öffnen des Vorhangs, das von Ignoranten als zu laut beurteilt werden kann, macht uns klar, dass das Publikum keine schöne romantische Geschichte erleben wird. Die orchestrale Erregung hält mit dem Auftreten des flüchtigen Cesare Angelotti, bestens verkörpert von Clemens Unterreiner, an, ehe der Maler Mario Cavaradossi angesichts des zu malenden Porträts seiner Liebe zu Floria Tosca kantablen Ausdruck verleiht. Michael Fabiano, der gut aussehendende gebürtige Amerikaner (lt. Programm „einer der größten Tenöre der Welt“ – mit solchen Übertreibungen schadet man einem Künstler nur!)  tut dies mit viel tenoraler Kraft in allen Lagen, ohne durch ein besonderes Timbre zu faszinieren.  Sein Zusammenspiel mit der geliebten Sängerin Floria Tosca war in Ordnung, für den 3. Akt fehlte aber dann doch die extreme, auch von Puccini komponierte Emotionalität.

Das Wiener Rollendebut des zurzeit führenden italienischen Baritons Luca Salsi bedurfte vokal zu Beginn des 1. Akts eines kurzen Anlaufs, zeigte sich aber schon dominant im Chorfinale und beherrschte das Schreckensgeschehen im 2. Akt unmissverständlich, mit vollem baritonalem Einsatz und entsprechender Aussagekraft.

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Krassimira Stoyanova. Foto: Staatsoper

Nicht umsonst fand man jedoch diesmal die Oper „Tosca“ betitelt: Krassimira Stoyanova, die gebürtige Bulgarin, viele Jahre Ensemblemitglied in rund 20 Rollen am Hause im Einsatz, machte ihr nunmehriges Tosca-Debut zum Ereignis. Als Gesangslehrerin an der Universität für Musik uns darstellende Kunst in Wien tätig, weiß sie natürlich, wie man eine Stimme zum Einsatz bringt. Da gab es keine Ecken und Kanten, keine forcierten Kraftausbrüche, aber jede Menge Intensität in allen Höhenlagen und Lautstärken. Und darstellerisch kam alles, was sie an Liebe, an Eifersucht, an Ängsten und Verzweiflung kundzutun hat, einfach fesselnd über die Rampe, ergänzt durch passendes Aussehen und Spiel.

Wolfgang Bankl spielte einmal mehr den alle Finessen durchschauenden und mit einem gewissen Humor registrierenden Mesner, Andrea Giovannini und Hans Peter Kammerer waren glaubwürdig als Spoletta und Sciarrone und Marcus Pelz verlieh dem Schließer im 3. Akt das nötige Quantum an Menschlichkeit. Julia Oos hieß der junge weibliche Hirte am frühen Morgen des fatalen finalen Hinrichtungstages von Cavaradossi.

Dem Staatsopernchor, wie ihn Martin Schebesta betreut, sei für seinen ebenso kraftvoll wie aussagekräftigen Auftritt in La Chiesa di Sant’Angelo della Valle einmal mehr ein großes Lob ausgesprochen, ebenso wie dem singenden jugendlichen Nachwuchs und den ihres Einsatzes würdigen Statisten.

Bei solch gängigen Opern, wo zurzeit die Majorität der Besucher aus ausländischen Gruppen besteht, die zumeist keine Ahnung haben, was sich in der besuchten Oper tut, die aber wenigstens in den Pausen alle ihr Essen und Trinken im Hause konsumieren, verwundert es nicht, wenn der Applaus einheitlich erfolgt – gleich viel für alle Solisten und den Dirigenten. Aber Maestro Armiliato, der Begeisterungsstürme hätte empfangen sollen,  konnte sich zumindest darüber freuen, dass alle Musiker und Sänger genau das taten, was er an dieser Oper so unübertrefflich findet und wiedergeben kann.                             

Sieglinde Pfabigan

 

 

 

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