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WIEN/ Staatsoper: TOSCA

31.10.2017 | Oper

WIEN/ Staatsoper  „TOSCA“ – 30.10.2015

Adrianne PIECZONKA  FotoM.Pöhn

Adrianne PIECZONKA FotoM.Pöhn

Nachdem im kommenden Jänner die sechshundertste Aufführung dieser Produktion auf dem Programm steht, kann diese Serie wohl als eine Art Generalprobe dafür angesehen werden.  (Übrigens wäre dann im April auch der 60.Geburtstag zu feiern. Und bis dahin wird wohl auch die fünfundzwanzigste Bundesregierung im Leben dieser Inszenierung feststehen …)

Diesmal war Adrianne Pieczonka die Tosca. In ihrer Darstellung eher die reife Diva und nicht ein zickiges Sternchen. Eifersüchtig wacht sie über ihren jüngeren Geliebten und ist stimmlich vor allem in der Mittellage überzeugend. In den Höhen wird die Stimme meist schrill und scharf. Der jugendliche Idealist und Maler ist bei Yonghoon Lee bestens aufgehoben. Er besitzt eine schöne durchschlagskräftige Spintostimme, ohne sich dabei nur auf das Forte zu verlassen. Schon im Recondita armonia setzt er bewusst auf Pianophrasen und kann diese auch im dritten Akt meist sehr effektvoll einsetzen. Die überlangen Fermaten an den Arienschlüssen zeugen von einer tenoralen Effekthascherei, aber wer hat, der hat. Den Scarpia zeichnet Ambrogio Maestri als machtbewussten Genussmenschen, der es sicher lieber gesehen hätte, sein Souper im zweiten Akt zu beenden, ehe er sich mit seinen sexuellen Übergriffen beschäftigt. Stimmlich bleibt er dabei der Adelige, der versucht, mit sanftem Schmeicheln an sein Ziel zu gelangen. Dass das nicht an mangelndem Stimmvolumen liegt, beweist er eindrucksvoll im machtvollem Te Deum. Leider ist die restliche Besetzung, mit Ausnahme des prägnanten Wolfram Igor Derntl als Spoletta, nicht auf dieser Höhe. Ryan Speedo Green nähert sich dem Notentext Angelottis asymptotisch an und scheint halbwegs natürlicher Bewegung nicht fähig zu sein. Vielleicht liegt das aber an den Haftbedingungen ? Der Mesner von Alexandru Moisiuc kann der Partie weder musikalisch noch darstellerisch einen Effekt entlocken. Hans Peter Kammerer ist ein unauffälliger Sciarrone. Einzig Ayk Martirossian in der kleinen Partie des Schließers und das anonym bleibende Kind der Opernschule lassen dann noch aufhorchen.

Wäre Jesus López Cobos ein Fußballschiedsrichter, so würde man ihm zweifellos eine souveräne Leistung zubilligen, da er unauffällig blieb. Er leitete den Abend korrekt, ohne aber wirklich Dramatik zu erzeugen. Pech hätte er gehabt, wenn es nach dem E lucevan le stelle keinen Applaus gegeben hätte, da er von sich aus nach dem lang gehaltenem la vita abbrach. Der von Martin Schebesta einstudierte Chor sang ein kräftiges Te Deum.

Für die Jubiläumsaufführung wäre zu wünschen, dass etwas mehr Augenmerk auf szenische Proben gelegt würde. Die Prozession im ersten Akt sollte sich vielleicht auf ein einheitliches Tempo einigen, dem Schließer könnte man sagen, dass er sich nicht an das AGesVG (Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz !) zu halten braucht, wenn er die Leiche Cavaradossis bedeckt und der Spoletta sollte im Finale auch etwas schneller bei Tosca sein, damit deren Mantelwurf ihn ins Straucheln bringen kann.

Wolfgang Habermann

 

 

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