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WIEN/ Staatsoper: TOSCA

WIEN / Staatsoper: „TOSCA“ – 28.03.2023 –

  1. Vorstellung dieser Aufführungsserie

 Was für eine Wohltat zwischen Opernaufführungen mit Regie-Exzessen die wundervolle Inszenierung von Margarethe Wallmann wieder einmal sehen zu können. 638. Aufführung steht auf dem Besetzungszettel und der Besucher hofft, dass diese Produktion uns noch lange erhalten bleiben wird.

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Krassimira Stoyanova. Foto: Wiener Staatsoper/Michael Pöhn

Krassimira Stoyanova, ehemaliges Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper und seit 2009 Österreichische Kammersängerin, unterrichtet nun Gesang an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. Sie zählt zu jenen heute rar gewordenen Sängerinnen mit einem unglaublich breiten Repertoire. Von Mozart, Verdi, Puccini über französisches und slawisches Fach bis zu Richard Strauss. Leider wurde vor einigen Jahren der Plan, die wunderschöne Inszenierung der „Liebe der Danae“ mit ihr in der Titelrolle von den Salzburger Festspielen an die Wiener Staatsoper zu übernehmen, fallengelassen, wohl als Folge des Bruchs zwischen dem damaligen Staatsoperndirektor mit dem damaligen Generalmusikdirektor. Aber nun hat Krassimira Stoyanova eine weitere wichtige Partie ihrem Repertoire hinzugefügt: die Tosca. Bis auf eine kleine Unsicherheit im 1. Akt („ … le voci delle cose!“) präsentierte sie sich in ausgezeichneter Stimmverfassung, beeindruckte im „Vissi, d’arte“ mit Stimmschönheit, herrlicher Phrasierung und bewegenden Ausdruck. Sie ist eine der wenigen Sopranistinnen, die „Quanto? Il prezzo!“ – wie von Puccini komponiert – voll aussingen und nicht sprechen oder deklamieren. Darstellerisch nimmt man ihr die Figur vollends ab, die große Künstlerin, die Liebende, die Eifersüchtige und die Leidende, die aus Verzweiflung zur Mörderin wird.

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Krassimira Stoyanova, Michael Fabiano. Foto: Wiener Staatsoper/Michael Pöhn

Manchmal braucht man für den kurzen Weg von der Lothringerstraße zum Opernring recht lange. Der großgewachsene, gutaussehende amerikanische Tenor Michael Fabiano hat dafür fast elf Jahre gebraucht. 2012 hatte er sein Wien-Debüt als Einspringer für einen erkrankten Kollegen im Konzerthaus in Edward Elgars „The Dream of Gerontius“. Während er an der Metropolitan Opera bereits in mehr als 80 Vorstellungen auf der Bühne gestanden ist, hatte er erst jetzt sein Debüt an der Wiener Staatsoper, zu dem sogar sein derzeitiger Coach KS Neil Shicoff extra angereist ist. Fabiano ist in der Zwischenzeit vom lyrischen Tenor zum Spinto herangereift. Er scheint sich am Wohlsten zu fühlen, wenn er beeindruckende Stentortöne produzieren kann (auch wenn er gelegentlich dabei zu sehr auf die Stimme drückt, wodurch sich dann die Höhe etwas verengt), aber dass er auch zu zarten Pianissimi fähig ist, hat er vor allem im 3. Akt bewiesen, in einer ausgezeichnet gestalteten Sternen-Arie und in den „dolci mani“ im Duett mit Tosca. Ungewöhnlich aktiv präsentiert er sich in der Darstellung, vor allem den jungen, unbeugsamen Revolutionär, der stolz Scarpia die Stirn bietet, nimmt man ihm ab.

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Luca Salsi. Foto: Wiener Staatsoper/Michael Pöhn

Luca Salsi ist ein idealer Scarpia, ein bösartiger und beängstigender Polizeipräsident. Bei der versuchten Vergewaltigung Toscas auf dem Sofa fackelt er nicht lange herum, geht gleich aufs Ganze und versucht Tosca die Unterwäsche herunterzureißen. Stimmlich schöpft er vor allem in seiner Soloszene zu Beginn des 2. Akts aus dem Vollen und glänzt mit seinem prachtvollen Bariton. Schon zuvor im Te Deum bewies er Stimmkraft und ließ sich weder vom Orchester noch vom Chor der Wiener Staatsoper übertönen.  

Clemens Unterreiner war eine Luxusbesetzung des Angelotti und Wolfgang Bankl ein humorvoller aber dennoch verschlagener Mesner. Andrea Giovannini als Spoletta, Hans Peter Kammerer als Sciarrone und Marcus Pelz als Schließer sowie Konrad Plank als Hirte vervollständigten die Besetzungsliste in gewohnt zufriedenstellender Weise.

Marco Armiliato, einer der besten Repertoiredirigenten für das italienische Fach, könnte ruhig öfters in Wien eingesetzt werden. Im Gegensatz zu vielen anderen derzeit in Wien agierenden Dirigenten versteht er es, Spannung im Orchester aufzubauen und gleichzeitig den Sängern ein aufmerksamer Begleiter zu sein. Wenn ein Sänger einen Ton etwas länger halten will oder eine Phrase schneller nehmen muss, Armiliato fühlt das scheinbar schon vorher und reagiert sofort, ohne dass deshalb der Spannungsbogen darunter leidet. Das Orchester der Wiener Staatsoper war in guter Verfassung (ein Extra-Bravo der Soloklarinette in der Sternen-Arie).

Ein Repertoire-Abend auf hohem Niveau, wie man das von der Wiener Staatsoper erwarten darf. Jubel für alle Beteiligten.

Walter Nowotny

 

P.S: Am 31.3. kann man TOSCA in dieser Besetzung noch ein letztes Mal sehen.

 

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